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letlive - If I'm the devil

Das Cover von Letlives neuestem Werk „If I’m The Devil…“ ziert ein roter Faden, aus dem in vielen komplexen Wirrungen und Verwindungen das Bandlogo gestrickt ist. Ein Sinnbild, das sich auch auf die Musik der dazugehörigen Platte anwenden lässt?

Schon im Opener „I’ve Learned To Love Myself“ zeigen die Kalifornier, wohin die Reise geht: Der Posthardcore-Sound der alten Alben wurde enorm erweitert, alles wirkt epischer, größer. Andächtig gezupften Gitarren und dem klagenden, zurückhaltenden Gesang von Sänger Jason Butler folgt ein brachialer Ausbruch heftiger Riffs und treibendem Schlagzeug, der in seinem Finale sogar von Streichern untermalt wird. Letlive erzeugen so ungekannte, orchestrale Soundwände, die unter die Haut gehen.

Der rote Faden dieses Schemas zieht sich durch die ganze Platte. Dabei schreibt die Band nicht Hymne an Hymne, sondern lässt ihrem Sound Platz, sich zu entfalten. Da werden schmerzerfüllte Low-Tempo-Balladen wie „Foreign Cab Rides“ an kompromisslos gewaltige Hardcore-Brecher wie „Another Offensive Song“ gereiht, mit der ersten Vorab-Single „Good Mourning America“ ist sogar ein soulig angehauchter Track dabei. All dies geschieht, ohne das die klangliche Identität des Albums verloren geht. Denn egal welche Windungen, Verknotungen und wirren Wege der rote Faden auch durchlaufen mag – letztendlich ist es noch immer der selbe Faden.

Ihren ausdifferenzierten Sound nutzen Letlive weiterhin, um in ihren Texten auf politische Missstände aufmerksam zu machen. Ein großes Thema ist die Polizeigewalt in den USA, die durch mehrere eingeworfene Samples von Sirenen und in Panik versetzten Menschenmassen ein zunehmend verstörendes Bild entwickelt. Zusätzlich wird Butler aber auch noch sehr persönlich, wenn er schildert, wie er selbst mit diesen Problemen umgeht. Aus einem dieser Songs geht der Albumtitel hervor: „If I’m the devil, you’re the reason / The reason that we kill ourselves and give ourselves all away“. Eine bedrückende Botschaft.

Mit diesem Longplayer zeigen Letlive bravourös, was ein besonderes Album ausmacht. Zwischen konsequenter Weiterentwicklung des eigenen Sounds, experimentellen Genre-Ausflügen und einer bombastischen Produktion findet sich stets der rote Faden, der alle Songs zusammenhält und zu einer Einheit formt. „If I’m The Devil“ ist ein Album voller Emotionen, gewagter Klangpassagen und Vielfältigkeit, ohne dabei überladen oder konstruiert zu wirken. Ein Fest für jeden Musikfan, der gerne über den Tellerrand schaut.