Idles behalten auf “Crawler” trotz der auf “Beachland Ballroom” erkundeten Melancholie ihre DNA. Es ist immer noch eine raufaserige, kratzige, stellenweise unangenehme und vor allem emotionale Erfahrung, diesen fünf Herren aus Bristol beim Musikmachen, beim Meditieren, beim sich selbst Therapieren zuzuhören. Aus den heiseren, wütenden Schreien von Joe Talbot klingt eine so tiefgreifende Verletzlichkeit, man möchte ihm einfach nur um den Hals fallen. Die wild wabernden Gitarren-Eskapaden fühlen sich weniger wie Ideen an, sondern vielmehr wie innere Regungen, die sich gewaltsam ihren Weg durch die Finger der Musiker und in ein akustisches Dasein gebahnt haben. “Crawler” ist die nächste Dosis Medikation für alle Idles-Fans.
“Crawler” ist aber gleichzeitige auch eine meditative Erfahrung, sowohl für die Zuhörenden als auch, so scheint es, für die Künstler:innen selbst. Die schnellen, schlagkräftigen Post-Punk-Songs werden immer wieder abgelöst von elektronischem Minimalismus und apathischen Mantras. Es wirkt fast so, als wäre die Band nach drei Albumlängen kompromissloser und brutaler Ehrlichkeit vor sich selbst erschöpft. Die lyrische Fragilität der Songs leidet allerdings zu keinem Zeitpunkt unter dieser neuen Pfadbegehung. Im Gegenteil, Tracks wie der unterkühlte Opener “MTT 420 RR” oder das zyklische “Progress” fühlen sich durch den neuen Sound an wie außerkörperliche Erfahrungen. Talbot wendet sich vor allem auf diesen Songs dem Thema Sucht und Konsum zu. Das spiegelt sich sowohl inhaltlich als auch stilistisch wieder. Wenn er darüber singt, dass er high ist, dann klingt das auch so; als wäre er angeschlagen, neben der Spur, ausgelaugt.