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Hollywood Undead und "V": Schaf im Wolfspelz

Hollywood Undead geben vor, die moderne Reinkarnation der 90er-Crossover-Welle zu sein. Auf ihrem fünften Album bröckelt diese Fassade nun endgültig weg.

Eines muss man Hollywood Undead ja lassen: Blöd sind sie nicht. Unter jungen Fans harter Metal-Gitarren ist nichts so verpönt wie zu sehr nach Kommerz riechender Disko-Dilettantismus, und so versteckten die Kalifornier ihre kalkulierten Rave-Banger hinter einem Berg aus E-Gitarren, rappten dem Zeitgeist entsprechend im gesunden Maße asozial darüber und nannten es „Crossover“. Damit ist die Band vor allem in ihrem Heimatland unheimlich erfolgreich. Dabei ist ihre Musik eigentlich genau das, was sonst in der Szene immer so sehr verachtet wird. Nämlich billigste Party-Eskalation ohne Sinn und Verstand, aber immens eingängig und auf Hochglanz poliert. Und nun veröffentlicht diese Band ihre mittlerweile fünfte Platte, die allein mit ihrem schlicht „V“ lautenden Titel beweist, wie uninspiriert sie ist.

Zum Glück sind Hollywood Undead mittlerweile so populär, dass sie sich langsam nicht mehr hinter der Maske einer unheimlich coolen Underground-Band verstecken müssen. Und so beginnen sie damit, ihre Hörer ganz offensiv an ihre zusammengeklickte Party-Hölle heranzuführen. Natürlich darf sich das nicht wie ein Schubser ins kalte Wasser anfühlen, und so bietet der Opener „California Dreaming“ zunächst Gewohntes: Rap im Maschinenpistolen-Takt, eine durch den Autotune-Fleischwolf gepresste Ohrwurm-Hook, monoton-repetierendes, aber einprägsames Gitarren-Riff. Zack, fertig, Hollywood-Undead-Hit. So einfach und generisch wie effektiv. Schon der nächste Track „Whatever It Takes“ hat dann aber eigentlich überhaupt nichts mehr mit Crossover am Hut. Da werden dicke Streicher-Beats zum Soundtrack Plastik-Goldketten tragender Möchtegern-Gangster, die ihren „Hatern“ mit Gewalt drohen. Das ist natürlich immer ein guter Weg, um sich berechtigter Kritik zu entwenden.

Das wäre aber alles nur halb so schlimm, wenn da nicht so mancher Track auf der zweiten Hälfte des Albums wäre, der an akustisch konzipierter Grausamkeit wirklich seinesgleichen sucht. Allen voran wäre da die Dubstep-Disko-Ballermann-Orgie „Riot“ zu nennen, die sich außer der gefühlt drei Mal pro Minute auftretenden Folge aus Rise und Drop wirklich gar nichts einfallen lässt. Oder wie wäre es mit „Pray – Put Em In Dirt“, das Dorfkirmes-Techno-Sounds verwendet, die auch aus dem Repertoire von Skrillex stammen könnten – mit dem Unterschied, dass dessen Songs meist wesentlich interessanter sind. Dass B-Real sich für dieses Album prostituiert hat ist wahrscheinlich das Schlimmste an dieser Platte. Auch wenn die Prophets Of Rage nicht gerade ein Grund zum Jubeln sind, das hat er wirklich nicht verdient.

Zu sagen, Hollywood Undead würden Metal und Disko am absoluten Gipfel der Peinlichkeit inszenieren, wäre falsch, denn dort thronen nach wie vor Eskimo Callboy. Trotzdem ist das Quintett mit seiner Entwicklung so weit unter den Grenzen des guten Geschmacks, dass selbst die Bezeichnung als „Guilty Pleasure“ langsam schwerfällt. Möglicherweise werden sich einige der rebellischen Kiddie-Fans nach „V“ von Hollywood Undead abwenden. Oder sie bleiben halt dabei, weil es im Prinzip ja eh der selbe Quark ist, den sie seit Jahren hören.

Fazit

2.5
Wertung

Hollywood Undead sind ein seelenloses Plastik-Produkt der Musikindustrie, das so tut, als wäre es genau das nicht. Waren manche der vorherigen Alben aber trotzdem noch mit genug Promille und ohne Hirn zu feiern, ist dieses hier so unterdurchschnittlich, dass ich endgültig raus bin. Meine Fresse.

Jakob Uhlig
5.7
Wertung

Hollywood Undead sind in meinem Kopf immer diese Hip-Pop-Band gewesen, die es schafft, Pop-Elemente neu zu verkabeln und mit einem Crossover aus technischem Metal und schnellem Hip-Hop zu verbinden. „V“ ist eigentlich genau das, nur mit etwas zu viel Drama und Theatralik. Dennoch ist die Platte nichts absolut Einzigartiges. Der Stil entwickelt sich gefühlt in die Richtung Eskimo Callboy. Wenn die Platte Erfolg haben wird, hat das Album damit eigentlich nichts groß zu tun. Es würde eher an der Band und am Namen liegen.

Ole Lange