Esben and the Witch und “Nowhere”: Schön traurig

Das scheidende Jahr 2018 hält noch ein paar Überraschungen parat: Verzweiflung, Trauer und Melancholie manifestieren sich auf “Nowhere” in einer sphärischen Mischung aus Post-Rock, Doom und der Kälte des frühen Black Metal.

Der Himmel ist grau, es regnet und es ist kalt, ungefähr so klingt das neue Album von Esben and the Witch. Das britische Trio haben ihren Sound auf das Nötigste reduziert, kein Schnickschnack, kein Pomp. Stattdessen: dramatische Songs, mit genau der richtigen Balance aus Theatralik, Melancholie und Trost.

Alleine das erste Riff von “A Desire for Light” steigert sich im Verlauf der ersten Minute des Songs mehrere Male und reißt, mit dem Kontrast zwischen kaltem, low-fi Gitarrensound und emotionalen Harmonien, direkt Mal an den Gefühlszentren herum. Mit dem Einsatz der Stimme von Sängern Rachel sollte es dann endgültig um einen geschehen sein. Klagend, weich, verzweifelt, irgendwie verständnisvoll; all diese Emotionen finden sich im Klang wieder. Der Text handelt von dem unerfüllten Verlangen nach Wärme und Hoffnung, kitschfrei und in bester Darkwave oder Gothic Manier. Hier passt die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs “Doom”: Es ist die Angst vor der Finsternis und davor, dass alles irgendwann zu Ende geht.

Die Songs entfalten sich alle sehr langsam, nehmen sich viel Zeit, um den Hörer mit ausgedehnten und repetitiven Riffs in Trance zu versetzen. Der Gesang führt dabei durch die halligen Gitarrenmelodien und steht ohnehin sehr im Vordergrund, was bei so viel Emotionalität in der Stimme auch die einzig richtige Entscheidung ist.

Das reduzierte Lineup und der minimalistische Sound spiegelt dabei die trostlose Atmosphäre von “Nowhere” wider. Dieser Minimalismus wird immer wieder durch Details bereichert, die jeden Song einzigartig machen. In “Dull Gret” ist es zum Beispiel das Brechen der Stimme und ein kleiner Gangshout, die die gewollte Monotonie aufbrechen.

“The Unspoiled” beginnt mit einem schweren und pechschwarzem Gitarrenriff, das sich wie Lava vorwärts schiebt, aber bevor man überrollt wird, rudern die Gitarren zurück und eine samtene Stimme fleht um Rettung. Der Song gipfelt in einer dramatischen Klimax, in dem sich Stimme und Instrument einen Kampf mit unbestimmtem Ausgang liefern.

So erzeugen die Stücke eine ganz eigene Art der Dramatik und ziehen den Hörer immer weiter in die Welt von Esben and the Witch. Am besten hört man die Platte in einem stillen Moment und lässt sich in Trance versetzen und davontragen. Das schaurig Schöne, die emotionale, menschliche Wärme der Stimme im Kontrast zum kalten Sound der Instrumente, all das lädt zum los- und fallenlassen ein.

Fazit

8.7
Wertung

“Nowhere” ist die perfekte Mischung aus Weltungergangsgefühl, Melancholie und Trostlosigkeit. Jeder Durchlauf ist eine Katharsis, jeder Song ein dramatischer Teil des Ganzen, der direkt ins innerste des Hörers greift.

Jonas Mönter