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Egotronic mit Ausrufezeichen! - „Keine Argumente“ mit der Liebe zum Punk und dem Mittelfinger gegen Deutschland

Punk und Electro, eine Mischung, welche sich Egotronic auf die Stirn geschrieben haben. Nach der letzten Platte „Egotronic - C'est Moi!“ (2015) bringen die Band nun am 19.Mai 2017 ihr neues Studioalbum „Keine Argumente“ auf den Markt. Alleine an den Titeln erkennt man schnell, in welche Richtung sich das Album bewegen wird. Der Punk ist in Egotronic wiedergeboren worden. Wie viel Electronic noch in der Band steckt und wie die Platte allgemein klingt, dürfte viele überraschen.
Egotronic Keine Argumente Cover

Was die textliche Ausrichtung angeht, kann man schon früh erkennen, dass es antinational und punkig wird. Die Worte „Deutschland, Arschloch, fick dich“ leiten das Album ein. Und ohne auch nur eine Sekunde zu warten, spricht Sänger Torsun alle seine Gedanken direkt aus. Ohne auch nur an ein Blatt vor dem Mund zu denken werden alle Probleme in Deutschland auf den Punkt gebracht. Unterlegt wird das mit dem lieblichen Gesang von The Very Best Vegan Bacon. Musikalisch domininiert den Song vor allem ansprechende punkiger Gitarrensound. Der elektronische Anteil hat im Gegensatz zu älteren Tracks abgenommen, ist aber dennoch vorhanden.

Die gleiche Beschreibung passt auch perfekt zu „An die Wand“ mit Emelie Krawall von Frau Mannsman. Auch hier ist der Punk aus den  Hochzeiten der Band deutlich wiederzuerkennen. Wenige elektronische Stilmittel harmonieren dennoch perfekt mit den groß ausgelegten Gitarren und dem Gesang. Das gesamte Album lebt von dem Freiheitsgedanken und dem Kampf gegen das System. Das steht Egotronic ausgezeichnet. “Keine Argumente“ erscheint wie ein rein politisches Konzeptalbum, ist dabei aber alles andere als das! Die Platte lebt von der Vielseitigkeit eines Problem, die Texte klingen unglaublich frei, was man erst recht bei „Odenwald“ merkt. Hier wird auf dem Album auch explizit Mitproduzent Rod Gonzalez von den Ärzten genannt. Auch Johnny ist an diesem verspielten, verträumten und ein wenig verrückten Song beteiligt. Hier hört man wieder Egotronic von früher. Viel elektronischer Sound geben dem Lied eine perfekte Grundlage.

Genauso elektronisch, aber wesentlich gefühlvoller klingt „Komm, wir zieh'n ans Meer“. Ein wiedermals heimathassender Text ist diesmal aber mit dem Ausbruch aus der jetzigen Welt verbunden. Sehr poetischer Text mit unglaublich schöner Musik! Ruhigere Rhythmen und hohe Klänge der Gitarre runden das Lied sehr schön ab. Ebenso ist auch „Ihr wollt Arbeit, ich will schlafen“ nicht gerade der schnellste Song der Platte, gleichzeitig ist er aber kraftvoll, wütend und äußerst ironisch. Durchgehender Old-School Punkrock mit innovativem und hochtourigem Electoinicsound sind in Kombination einfach perfekt füreinander geschaffen, wie man hier auch wieder gut merkt.

„Scheiße bleibt Scheiße“ featuring Alles.Scheisze wurde mit „Hallo Provinz“ auch schon vorab released. Und beide Lieder haben vorab schon angedeutet, was sich nun auch bestätigt hat. So ist auch der Song „Die Angst vor dem Schmerz“ gesellschaftskritischer Electronic-Punk. Was anfangs noch ruhiger beginnt, endet im verspielten und gut klingenden Chaos zwischen Synthesizer, Gitarre, Schlagzeug und Bass. Die Energie, welche die Band in die Musik steckt, spürt man unglaublich gut am eigenen Leib.

Neben weiteren Songs, die alle dem Electronic-Punk treu bleiben, ist „Die Elbe oder ein Flugzeug“ aber noch einmal besonders hervorzuheben. Als der Track mit der definitiv meisten Energie ist er auch die wundervolle Wiedergabe eines Textes, in welchem unglaublich viel Wut und Hass steckt. Gespielt wird hier vor allem mit der „Meute“ und ihren Vorstellungen. Doch die meiste Kraft enthält abermals das Zusammenspiel von Synthesizer und der Gitarre. Es ist atemberaubend, wie es Egotronic schaffen, die beiden Instrumente so abwechslungsreich und durchdringend miteinander zu kombinieren. Nun darf man sich auch gleich auf die anstehenden Live-Gigs freuen, bei denen die Energie sicherlich auch so übertragen wird.

Fazit

8.8
Wertung

Ironischerweise trifft die Bewertung tatsächlich für mich zu. Egotronic befinden sich auf einem alten, neuen Weg und bringen uns ihre Wut in einer Herrlichkeit näher. Durch diese große Facette an einzelnen musikalischen Elementen und die daraus entstehende Mischung lässt sich das Album schnell in Herz und Beine schließen!

Ole Lange
6.4
Wertung

Ein etwas zu extravaganter Sound, der sich wohl in keiner meiner Playlists etablieren würde. Wäre da mit „Scheiße bleibt Scheiße“ nicht einer der mutigsten und zu gleich kontroversesten Songs die ich in letzter Zeit gehört habe.

Moritz Zelkowicz