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Dreckiger wird’s nicht: Nasty und „Realigion“

Beatdown, das dreckige, meist langsamere Subgenre des Hardcore, ist definitiv Geschmacksache. Wer aber darauf steht, kommt an Nasty nicht vorbei. Seit 2004 hauen die Belgier richtig auf die Kacke und nun ihr neues Album „Realigion“ raus. Bock auf Mosh-Pit oder doch eher Crowdkill?
Nasty Realigion Cover

Das Album begrüßt den Hörer mit Feedback eines Amps und dem kehligen Schreien des Sängers. Klare Ansage für das, was noch kommen wird. Direkt danach geht es schon los und die tiefen, teils schleppenden, fast doomigen Songs nehmen ihren Lauf. Unerbittlich wird hier das Trommelfell massiert und massakriert.

Wie bereits erwähnt ist Beatdown ein gewöhnungsbedürftiges Subgenre und polarisiert immens - sei es durch fragwürdiges Auftreten einiger Bands, heftige Texte oder einem Sound, der wohl der Schrecken der meisten Eltern sein dürfte. Härte ist hier Trumpf, das hört und spürt man. Die Songs klingen wütend, hart und laden definitiv zum Moshen ein. Wer auf großartige, verspielte Melodien oder Balladen steht, sollte hiervon definitiv die Finger lassen: Der Bandname ist Programm.

Der Sänger schreit, growlt und kreischt sich die Seele aus dem Leib und lässt verbal keinen Stein auf dem anderen. Ab und an wird der Gesang mehrstimmig und verleiht dem ganzen einen noch bedrohlicheren Unterton. Das Ganze klingt erschreckend gut. Textlich geht es um unterschiedlichste Themen, welche man dem Sound zunächst nicht einmal zutraut. Liebe, Wut (okay, das konnte man ahnen), aber auch Shitstorms, welche die Band schon mehrfach abbekommen hat, werden thematisiert. Dazu prügelt der Drummer ohne Gnade auf sein Kit ein und überzeugt mit Double Bass und Blast Beats. Gitarre und Bass liefern sich währenddessen einen erbarmungslosen Kampf darum, wer heftiger klingt. Soviel sei verraten - der Bass gewinnt.

Der Gitarrist leistet dennoch gute Arbeit, und auch wenn eigentlich die tiefen Töne regieren, zeigt sich sein Können auch bei kleinen, melodiösen Ausflügen, die manche Songs auflockern. Die Instrumentalstücke funktionieren auch ohne Probleme und lassen Zeit, um durchzuatmen. Kleinere Spielereien, wie ein eingespieltes Hundebellen, Waffengeräusche oder das Soundsample eines sprechenden Jungen geben den Songs etwas mehr Tiefgang und lassen den Hörer fies schmunzeln.

Immer wieder werden die Tracks durch brutale Breakdowns unterbrochen, die ihresgleichen suchen. Wer bis dahin keine Lust auf einen Mosh-Pit hatte, ballt spätestens jetzt die Fäuste und beginnt zu tänzeln. Technisch ist die Platte einwandfrei, nach ungefähr 29 Minuten ist das Spektakel auch schon vorbei. Man bleibt aufgeheizt und aufgeputscht zurück und will direkt nochmal mit den Jungs durch die akustische Hölle gehen.

Hart, Härter, „Realigion“. Nasty waren nie die Band für ruhige Töne, doch auf ihrem sechsten Album graben wüten sie in richtig dunklen Frequenzen. Wer also harte, brutale Musik mag und Beatdown interessant findet, sollte hier definitiv ein Ohr riskieren.

Fazit

7.2
Wertung

Ein musikalischer Tritt ins Trommelfell - im positiven Sinne.

Johannes Kley
6.1
Wertung

"Passt schon" könnte ich jetzt hinbrettern. Nasty haben jetzt keine musikalische Revolution angezettelt, sind aber auch (noch) nicht ganz in der Belanglosigkeit gelandet. Die Typen haben viel auszusagen, einige geile Gitarrenriffs sind auch dabei und das Album schleppt sich nicht. Es birgt kein Risiko, "Realigion" zu veröffentlichen, aber es ist halt auch nichts atemberaubendes. Abschließend: "Welle" bockt! Anarchie, Anarchie!

Ole Lange