Reviews

Die Negation erzeugen auf "Herrschaft der Vernunft" musikalische Kettensägen

Eine Supergroup um Mitglieder von Heaven Shall Burn und Zero Mentality klingt eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Das Ergebnis ist ein dichtes, aufreibendes und unangenehmes Stück Musik.
Die Negation Herrschaft der Vernunft Cover

Auf „Herrschaft der Vernunft“ verfolgen Die Negation verstörende musikalische Ströme. Zweifel daran bläst die Band bereits mit den ersten Donnerschlägen des Openers „Von Hyänen“ davon. Ein verquer-dissonantes Riff zwischen Mathcore und Noise schneidet sich unsanft mit krächzendem Geschrei. Mit ihrem unheilvoll knisternden Sound unterstreicht das Quartett mir erschreckender Verzweiflung seine sozialkritische Textarbeit. Songs wie „Scheusal von Oldenburg“ oder „Digitales Deutschland“ zeigen eine Musik auf, die mehr als nur Mittel zum Zweck ist, sondern aus einem tragischen Affekt entsteht.

Die Soundexperimente der Band sind das wohl beeindruckendste an „Herrschaft der Vernunft“. Hardcore basiert grundsätzlich auf Dreck und Unsauberkeit, so herrlich schief wie Die Negation hat diese Grundidee aber schon lange niemand mehr umgesetzt. Die träumerische Schönheit von Genre-Kollegen wie Fjørt oder Touché Amoré verwirft die Band konsequent – dazu ist der Kosmos des Albums zu destruktiv. Stattdessen scheint jeder neue Song das Messer noch etwas tiefer in die Wunde zu stechen. Ein kolossaler Brocken, der funktioniert, weil die Band ihn mit kontinuierlicher Inbrunst und brutaler Aggressivität verfolgt.

Trotzdem beschleicht sich das Gefühl, dass die Band aus diesem Ansatz noch mehr hätte herausholen können. Der Sound möchte gerne so keifend und zähnefletschend wie möglich sein, ist dafür aber etwas zu schwachbrüstig produziert. Gerade „Monolith aus Scheiße“ erinnert mit seinen verquer schnarrenden Gitarren immer wieder an die grandiosen kanadischen Noise-Rocker Metz, die mit ihren unfassbaren Lärm-Ungetümen aber eine ganz andere Klangfülle erreichen. Würden Die Negation ihre rauen Wut-Hymnen mit solcherlei Sargnägeln noch vertiefen, könnten die Tracks der Band ganz groß werden.

Fazit

7.5
Wertung

So kaputt hat Hardcore lange nicht mehr geklungen. Besser kann man Wut kaum in Akustik transportieren. Trotzdem bin ich der Meinung: Die Band hätte das Potential, ihren Sound noch wesentlich schmerzhafter zu gestalten.

Jakob Uhlig