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Curly und „Ohaa“: Tortellini-Augen

Kaum ein Themengebiet in der deutschen HipHop-Landschaft ist so abgegrast wie Rap übers Kiffen. Für die Eroberung des letzten frischen Fleckchens Grün in diesem Bereich brauchte es jüngst sogar eine Bande Reptilienmenschen mit Ökobewusstsein, siehe Lazy Lizzard Gang. Curlys „Ohaa“ geht dagegen den konventionellen Weg – und wandelt auf ausgetreten Pfaden.

Mit einer Sache sollte man ganz zu Anfang mal aufräumen: „Ohaa“ ist nicht wirklich ein Album. Das liegt weniger an der überschaubaren Anzahl von 8 Songs, die man so auch auf einer besser situierten EP erwarten könnte, sondern viel eher an Curlys Release-Strategie. Mit Ausnahme von „Lana del Rey“ und „Cayman Islands“ trifft man hier nämlich auf durchweg bekanntes Material, will sagen auf sechs von sieben Singles, die seit dem letzten Longplayer „Munchies“ erschienen sind. In Zeiten der Regentschaft von Playlisten und Mixtapes ist das auch nichts weiter Verwerfliches, so hat Ahzumjot beispielweise seinen „Raum“ und Curly nun eben seine Single-Sammlung.

Inhaltliche Konflikte entstehen dabei kaum, letztendlich ist die textliche Ebene von „Ohaa“ ohnehin eher zweitrangig; es um den Vibe. Und um Ganja, versteht sich.  Kommen dann mal andere Themen zur Sprache wie wahlweise Geld, Frauen oder Lifestyle, so geschieht auch das in höchst komprimierter Form. Curlys Beziehungsstreit auf „Sie hasst mich“ löst sich zum Beispiel im Handumdrehen über ein paar neue Sneaker für seine Holde, während jener dann wieder am „Venice Beach“ chillt oder sein Money auf den „Cayman Islands“ parkt. Alles halb so ernst gemeint wie gesagt, aber leider eben auch ohne den nötigen Witz oder die prägnanten Lines erzählt, die der überzogenen Arroganz den legitimierenden Unterhaltungswert verleihen könnten.

Musikalisch hat man sich auf „Ohaa“ derweil noch stärker am Zeitgeist orientiert und mit Oster und Young Kira unter anderem die Produzenten von Dat Adam und Mero mit ins Boot geholt. Die Beats sind durchweg gut abgemischt und untereinander stimmig, erreichen dabei aber nie den Punch eines „Alles taub“. Hier macht sich auch das Fehlen von Enaka als Produzenten bemerkbar, der auf „Munchies“ noch für den ein oder anderen energiereichen Representer verantwortlich war, an denen es „Ohaa“ mangelt. Ausnahme ist in diesem Fall der Titeltrack selbst, dessen spaßige Hook den Wunsch nach mehr Varietät weiter befeuert.

Fazit

4.3
Wertung

Curly gilt schon länger als Geheimtipp, ich persönlich kann mit seiner künstlerischen Entwicklung jedoch immer weniger anfangen. „Ohaa“ wirkt dafür schlicht zu austauschbar, sowohl textlich als auch musikalisch.

Felix ten Thoren