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Converge und "Bloodmoon: I": Es zieht sich

Converge machen nicht da weiter, wo ihr letztes Album "The Dusk In Us" aufhörte, sondern schaffen mit Chelsea Wolfe eine neue Welt des New-School-Hardcore. Ruhiger, pompöser und trotzdem noch irgendwo brachial, dreckig und wahnsinnig hart.

2021 wandelt sich immer mehr zu einem Jahr der Urgesteine. Bands und Künstler:innen, welche bereits seit etlichen Jahren Teil der Musikgeschichte und Größen in ihrem Genre sind releasen neue Musik. So auch die New-School-Hardcore Band Converge aus Boston, welche vor allem seit ihrem Klassiker „Jane Doe“ aus dem Jahre 2001 eine große Gefolgschaft aufbauen konnten.

Nun, zwanzig Jahre später steht ihr neues Album „Bloodmoon: I“ in den Startlöchern.

Für das gesamte Album hat sich die Band Singer-Songwriterin Chelsea Wolfe herangeholt, welche immer wieder neue Ebenen mit ihren cleanen Vocals hinzufügt und dem Album so generell einen ruhigeren Touch gibt. Das macht sich direkt im ersten Song „Blood Moon“ bemerkbar. So beginnt dieser mit stark verzogenen Vocals von Converge selbst und wird neben den ebenso klingenden Instrumenten durch Chelseas wohlklingende Stimme abgerundet. Auch das Instrumental baut sich pompös auf, um dann in einem bedrückend lauten, kontrollierten Chaos aufzugehen und den Anfang wahnsinnig intensiv zu präsentieren. Aber auch die bekannt dreckigen Screams von Leadsänger Jacob Bannon dürfen nicht fehlen, weswegen sie mal mehr, mal weniger dominant eingestreut werden.

Soweit so überraschend, denn das Album schlägt nicht direkt um sich, wie es der Vorgänger „The Dusk in Us“ aus dem Jahre 2017 tat. Eher bedient sich die Gruppe in den ersten paar Songs aus den verschiedensten Teilen anderer korrespondierender Genres. Hier ein wenig Akustikgitarre, da etwas mehr Symphonie, dort eine ruhige Passage und zwischendrin diese Ausflüchte in den Hardcore.

Erst mit „Tongues Playing Dead“ finden Converge ein wenig zu ihren Wurzeln zurück. Der neue Sound wird gemischt mit der bekannten Härte und direkt wirkt das Album aufgeweckter. Im Song „Lord of Liars“ trifft dann genau dieser Mischmasch auf die grandiose Stimme von Chelsea Wolfe und kreiert eine absolut hervorragende Symbiose der schiefen Töne und erschütternden Screams. Und genau diese Momente sind es, von denen das Album mehr haben könnte, nur leider nicht hat. Zwar schaffen es Converge mit nahezu jedem Song zu überzeugen, schaffen Klangbilder, erfinden sich selbst neu und verbinden das mit dem bereits gemeisterten, allerdings bleibt ein großer Teil nicht hängen und das ist schade.

In meinem Kopf scheiden sich nun die Geister über dieses Album. Einerseits ist da dieser dichte Nebel aus tiefer, depressiver Melancholie, welche vor allem in den Songs auftritt, welche mehr Chelsea Wolfe enthalten (als Beispiel ist hier 'Daimon' eine gute Anspielstation). Dann der Aspekt, welcher all die alten Klangwelten des Converge-Kosmos zurückbringt, in dem die Band mit ihren dreckigen Screams zu wahren Hochtouren auffährt. Zuletzt den Teil, der sehr negativ eingefärbt ist. Zu langatmig, zu viel Vision bei zu wenig Aktion und dann noch diese unnötigen Genrekrankheiten des Ausfadens und Co. Es ist schwierig!

Fazit

7.4
Wertung

Converge schaffen auf „Bloodmoon: I“ eine Symbiose aus New School Hardcore und der wunderbar klaren Stimme von Chelsea Wolfe. Leider kommt jenes Zusammenspiel nicht so oft zur Geltung, wie dieses überlange und teils langatmige Album es gebrauchen könnte!

Dave Mante