Chiefland und "Quiet Confidence": 180 Grad

180 Grad Drehung im Hause Chiefland. Die ehemalige Post-Hardcore-Formation aus Göttingen verabschiedet sich von ihrer alten Schublade und öffnet sich in Richtung des Alt-/ Emo-Rocks. Ihr neues Album "Quiet Confidence" zeigt eindrucksvoll, dass früher eben nicht alles besser war!

Die Post-Hardcore-Band Chiefland aus Göttingen dreht sich mal eben um 180 Grad. Denn nach einem Wechsel des Sängers wird aus dem eigentlichen Hardcore-Quartett eine sehr andere Band mit anderer Stimmung und anderem Stil. Auf ihrem neuen Album „Quiet Confidence“ schließen sie sich nun Bands wie Hundredth oder Pianos Become The Teeth an und bringen ein sehr atmosphärisches Alt-/Emo-Rock Album ans gedimmte Tageslicht.

Solch ein Switch ist immer schwer und lässt sehr viel Raum für Fehler. Chiefland haben nun das „Glück“, ihn sehr früh in ihrer Laufbahn zu betätigen und somit nicht komplett ihrer ganzen Fanbase einen fragenden Gesichtsausdruck zu hinterlassen. Chiefland klingen wirklich zu 100% anders und das steht ihnen erstaunlich gut. Weg mit den Melodic-Hardcore-Schreiereien und her mit den hochemotionalen, treibenden Rhythmen, welche nur manchmal die Herkunft erahnen lassen. Zum Beispiel im Song „Clarity“, in welchem die alte Härte sehr subtil im Hintergrund eingefügt wird, welcher sonst aber auch einer der „schnelleren“ und lauteren Songs des Albums ist. Diese kurzen Einspieler wirken dabei nicht aufgesetzt, sondern sorgen für eine kurze Aufwühlung der ruhigen Front. Was allerdings von ihrem Debüt bleibt, ist die textliche Richtung der depressiven und traurigen Lyrik, welche auf „Quiet Confidence“ stets on point ist.

Auch können Chiefland ganz klar erhellende und gar epische Momente, ohne diese zu sehr aufzudrücken, so verfolgen viele Lieder des Albums das System, in ihren Strophen und Bridges sehr im Hintergrund zu bleiben, was die Präsenz angeht. Sie sind ruhig, spielen zurückgefahren und lassen Emotionen wirken. Im Refrain kommen sie aber stets aus dieser Position heraus, werden laut und lassen ihrem Emotionen freien Lauf. Das klingt auf dem Album nie langweilig und erreicht jedes Mal einen neuen Peak. Vor allem Songs wie der Titeltrack, „Clarity“ oder der ersten Single „Every Creature Dies Alone“ beweisen, wie großartig, genial und wichtig dieser Switch für Chiefland war. Am Ende wartet dann mit „Feel You Still“ noch eine Ballade der ganz besonderen Sorte. Komplett ruhig, lang gezogen und wahnsinnig schön, wenn man es in einem großen Saal spielen würde. Beim ersten Mal löste dieser Gänsehaut aus, auch durch den melancholischen Herzschmerz-Text, und selbst jetzt, nach dem dritten Durchlauf verfliegt diese kein Stück. Ganz groß.

Chiefland schaffen den Absprung und aus einer guten Post-Hardcore-Band, welche allerdings eher wenig raussticht wird ein hochemotionales Herzensprojekt mit wahnsinnig viel Seele und noch mehr Gefühlen. Songs wie „Your Escape“, „Clarity“ oder „Feel You Still“ sollten in keiner Playlist für Regentage fehlen. Es sind ganz klar die sehr ruhigen Momente, die als Anlauf für die herauskommenden, lauten Refrains dienen, die dieses Album zu dem machen, was es ist und zwar eine der Überraschungen des Jahres. Chielfand ebnen sich hier einen anderen Weg als ursprünglich geplant. Man darf hoffen, dass dieser Weg noch lange so sein wird wie auf diesem Album!

Fazit

8.6
Wertung

Chiefland schaffen mit „Quiet Confidence“ einen harten Switch weg vom Hardcore hin zu Emo-Rock. Nicht Vielen gelingt es dabei so eindrucksvoll zu beweisen, dass Veränderung etwas sehr Gutes sein kann. Im Meer von Emotionen, Melancholie, leiser Trauer und lauter Hoffnung verpackt die Band ein Album, welches so noch lange in Erinnerung bleiben sollte und das, obwohl ihm vor allem hintenraus etwas die Abwechslung fehlt. Aber das ist Heulen auf sehr hohem Niveau.

Dave Mante