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Carpark North und „Hope“: Kriegerische Kapitulation

Groß auffahren konnten Carpark North schon immer. „Hope“ lässt die Dänen aber zunehmend vergessen, was sie sonst noch ausgezeichnet hatte.

Das Schicksal des bildgewaltigen Elektro-Rock-Trios ist aber auch nicht gerade leicht zu schlucken. In ihrer Heimat sind Carpark North längst Nationalhelden und füllen große Hallen, im Rest von Europa wollte man der Band aber trotz gigantischer Support-Slots vor unter anderem Thirty Seconds To Mars oder Sunrise Avenue nie wirklich eine internationale Weltkarriere gönnen. Und das trotz gleichsam massentauglichem wie intensivem Sound, den zum Beispiel das extra für das nicht-dänische Publikum entworfene Best-Of-Rework „Lost“ frenetisch nach außen trägt. Trotzdem kriegt das Trio auch die mittelgroßen Clubs in Deutschland noch immer schwer voll. „Hope“ soll die Antwort auf diese Problematik zu sein – und sie ist leider die falsche.

Denn anstatt ihre Ansprüche höher zu schrauben, setzen Carpark North zunehmend weiter unten an. „Hope“ kommt mit bombastischer Produktion daher, nutzt diese aber fast ausschließlich für deutlich zu kalkulierte Effekthascherei. Das in der Landessprache eingesungene Intro „Håb“ würde dies noch nicht unbedingt vermuten lassen, setzt aber dennoch ein vorbereitendes Fundament für die gesamte Beschaffenheit der Platte. Im elektrisch frickelnden Klangnebel baut sich die Band einen kristallklaren Soundteppich, der sich im markerschütternden Gigantismus von „Raise Your Head“ zunächst befriedigend löst. Überraschungen sehen zwar wirklich ganz anders aus, aber manche Tracks von Thirty Seconds To Mars‘ neuestem Angeber-Album „America“ haben ja schließlich auch irgendwie funktioniert, obwohl sie weniger Substanz als ein einsturzgefährdetes Hochhaus besaßen.

Danach wird die Luft auf „Hope“ allerdings sehr schnell sehr dünn. Songs wie „When We Were Kids“ oder „Talk All Night“ klingen dann auch nicht mehr nach groß produzierter Rasanz, sondern nach vorhersehbarem Tomorrowland-Kitsch. Nahezu jeder Moment des Albums ist essentieller Bestandteil desselben Kalküls, was in der Breite betrachtet aber nicht zu einem ausgeklügelten Gesamtkunstwerk, sondern zu vorsehbarer Repetition führt. Und nach der Realisation dieser hört sich „Hope“ plötzlich nur noch wenig martialisch an, sondern vielmehr wie die künstlerische Niederlage einer Band, die dem kleinsten gemeinsamen Nenner gefallen muss. Die schillernde Diversität des Vorgängers „Phoenix“ bleibt dabei ebenso auf der Strecke wie die klugen Spannungsbögen von Songs wie „More“ oder „Beasts“. Letztendlich ist „Hope“ nur ein solides Mainstream-Produkt und ein Album, das Carpark North nicht verdient haben.

Fazit

4.5
Wertung

Seine fabelhaft launige Produktion ist das große Standbein von „Hope“ – und leider auch fast das einzige. Als langjährigen Fan lässt mich die neue Platte von Carpark North daher leider kalt. Bleibt zu hoffen, dass die Band eines Tages wieder mutiger wird.

Jakob Uhlig