Bullet For My Valentine und „Gravity“: Russisch Roulette mit vollem Magazin

Wales bedeutet für die meisten unaussprechliche Ortsnamen, Wiesen und Schafe. Seit 2005 dachten dann auch viele an Bullet For My Valentine. Mit den Jahren schwand bei vielen alten Fans das Interesse an der Band. Ob „Gravity“ dagegen hilft, ist fraglich.
Bullet For My Valentine Gravity Cover

Auf „The Poison“ schufen Bullet For My Valentine 2005 einen interessanten Sound, der zwischen den Stühlen stand. Es war kein Metal, kein Emo und auch kein Metalcore, sondern irgendwas dazwischen und das kam an. Die persönlichen Texte und eingängigen Melodien trafen den Nerv der Zeit. Klassiker wie „All These Things I Hate (Revolve Around Me)“ oder „Tears Don’t Fall“ wurden von Metalheads und Emo-Kids gleichermaßen geliebt. 2018 funktioniert diese Formel irgendwie nicht mehr so gut.

Überproduzierte Metal-artige Musik ist Geschmackssache und hat sicherlich ihre Fans. Auch auf Bullet For My Valentines Durchbruchs-Album „The Poison“ wurde viel Mühe in die Nachbearbeitung gesteckt, was sich aber klanglich lohnte und ein tolles Hörerlebnis schuf. Doch wenn beinahe alles unecht klingt und die Gesangsstimme nicht mehr weit von Cloud-Rap-Autotune entfernt ist, dürfte das auch dem ein oder anderen Fan sauer aufstoßen. Schon der Opener „Leap Of Faith“ klingt stark elektronisch und stimmlich so effektbeladen, dass er eher an MySpace-Emo-Bands erinnert. Mit „The Very Last Time“ begibt sich die Band dann an den Rand des R’n’B-Genres, inklusive rhythmischem Klatschen, welches dann plötzlich in Keyboard-untermalten Elegie-Gesang wechselt. Das hört sich genauso verwirrend an, wie es sich liest. Zwischendurch gibt es stets unauffällige Songs, wie „Under Again“ oder „Over It“, die nicht stören, es aber auch nicht schaffen zu fesseln. Stets nervt der überproduzierte, plastisch und unecht klingende, teils raue, Gesang. Die Screams sitzen hingegen ausgezeichnet und machen auch nach all den Jahren noch Freude. Doch das allein reicht leider nicht.

Die Songs sind zwar abwechslungsreich und bieten Überraschungen wie den R’n’B-Moment, aber muss das sein? Alles was Bullet For My Valentine hier bieten gab es schon, größtenteils auch von ihnen selbst. „Gravity“ wirkt einfallslos und zu glatt. Den Walisern vorzuwerfen, sie würden zu sehr nach sich klingen, wäre falsch. Doch ist keine wirkliche Entwicklung zu erkennen, und wenn, dann eher eine in die falsche Richtung. Elektronische Elemente und Post-Produktion sind teils vordergründiger als der Rest, was bei einer Metal-Band kein gutes Zeichen ist. Auch textlich schwächelt „Gravity“ ein wenig. Waren die pathetischen und emotionalen Worte auf „The Poison“ noch mitreißend und gut geschrieben, wirkt die Lyrik jetzt eher ein wenig peinlich. Nach dreizehn Jahren scheint die Band noch immer am selben Punkt in ihrem Leben zu sein, nur das die Lyrics etwas platter sind.

Mit jedem Album schwand das Interesse an der Band ein wenig und „Gravity“ zeigt warum. Übermäßig produzierte Standardkost mit teils peinlichen Lyrics und einfallsloser Musik dürften nur noch Hardcore-Fans begeistern. Die Band scheint stillzustehen und sich nicht entwickeln zu können. Wer die anderen Alben der Band mochte, darf gerne reinhören. Alle anderen kaufen lieber „The Poison“ und belassen es dabei.

Fazit

2.8
Wertung

Ich liebe „The Poison“ und höre die Scheibe bis heute sehr gern. Nach „Scream Aim Fire“ habe ich das Interesse an der Band verloren, da diese schon ein wenig belanglos war. „Gravity“ zeigt, dass ich nichts verpasst habe. Dann doch lieber Wiesen und Schafe.

Johannes Kley
3.3
Wertung

Ist ja süß, Bullet For My Valentine wollen jetzt also wie vorgestrige Bring Me The Horizon klingen? Dann macht mal, aber ihr habt leider im kleinen Finger nicht so viel Talent wie besagte Sheffielder auf "Sempiternal". Bombastcore sollte man vielleicht doch lieber den Profis überlassen.

Jakob Uhlig