BALENTSバランス und „Commercial Break“: Dauerwerbealbum

Werbung nervt. Abgesehen von ein paar Leuten, die sich von der Werbung ihren Geschmack vorschreiben lassen, finden die meisten Menschen Werbung einfach nur doof. BALENTSバランス haben das Kommerzialisierungs-Theater einfach zu Musik gemacht.
Balents Commercial Break Cover

Die 80er und 90er Jahre waren ein popkulturelles Eldorado. Schreckliche Kleidung, gruselige Musik und kitschige Filme und Werbung. Wie könnte man so etwas nicht lieben und zelebrieren? Genau das tut Vaporwave (und Synthwave). BALENTSバランス haben aus japanischen Werbeclips der zwei Jahrzehnte Musik geschaffen und das mit überraschender Eingängigkeit.

Japan ist für seine skurrile Werbung bekannt. Doch nimmt man die blendenden Farben, Schulmädchen, Tiermaskottchen und Tänze weg, bleibt eine Grundlage für Musik. BALENTSバランス haben diese auseinandergerissen, zusammengesetzt, geloopt und sie mit unzähligen Effekten überladen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass auf „Commercial Break“ einige hochkarätige Gastmusiker vertreten sind. ƉƩΛFクソLEPER, Riverwave 川の波, Enylobe und Phoneix #2772 sind nur einige von vielen guten Featurings. Dadurch besticht „Commercial Break“ durch großes Abwechslungsreichtum und jeder Song hat seinen eigenen Sound, ohne fehl am Platz zu klingen.

Tracks wie „NISSANナイトドライブ“ klingen alt, gebraucht und leiern ein wenig. Das Sub-Genre des Broken Transmission kommt hier deutlich zur Geltung. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es klingt, als würde man eine alte Sendefrequenz einfangen, welche am besten noch eine zwanzig Jahre alte VHS-Kassette laufen lässt. Und das Ergebnis ist musikalischer, als es zunächst möglich scheint.Das hypnotische Wabern und Leiern der Tonspur, die verzerrten Stimmen und die poppigen Werbe-Melodien ergießen sich in das Ohr des Hörers. Das Ganze wird dann noch mit Reverb und Echo eingepackt und wird zu einer entspannten Mischung.

Broken Transmission zählt zu den komplizierteren Untergenres des Vaporwave und ist vor allem am Anfang ein wenig ungewohnt. Die teils abgehakten Loops und plötzlichen Geschwindigkeitswechsel können unangenehm wirken und die tiefen Stimmen strahlen eine gewisse Bedrohlichkeit aus. Lässt man „Commercial Break“ jedoch ein wenig Zeit und hört in Ruhe dem zu, was BALENTSバランス geschaffen hat, ergeben sich interessante Klangwelten und entspannende Momente. Ab und an driftet „Commercial Break“ auch ein wenig ins Post-Internet ab, welches sich durch einen surrealen Klang, aggressives Loopen und einen dystopischen Sound auszeichnet. Letztlich bleibt Broken Transmission jedoch im Vordergrund des Albums.

Werbung bleibt schrecklich. Sie unterbricht Filme, lässt das Warten auf den Kinofilm ewig erscheinen oder brüllt einen beim Versuch laut an, ein Album bei Spotify zu hören. „Commercial Break“ lässt jedoch eine andere Sichtweise zu und macht aus Schrecklichem Musik. Broken Transmission bleibt eine kleines Untergenre im kleinen Vaporwave. Wer jedoch Interesse an alternativer Musik hat und schon immer wissen wollte, wie musikalisch japanische Werbung ist, sollte reinhören.

Fazit

7.9
Wertung

Ich liebe Broken Transmission. g h o s t i n g s „Telenights“ gehört zu meinen Lieblingsalben im Vaporwave und BALENTSバランス haben ein ebenso schönes Werk geschaffen.

Johannes Kley