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Vant und "Dumb Blood": Wunderkinder

So bitter kann das Leben manchmal sein: „Dumb Blood“ ist das wohl größte Indierock-Debüt des Jahres. Und trotzdem gibt es Vant nun ersteinmal nicht mehr.

Dass Vant ihre jüngste Tour durch Großbritannien „The Last Days Of Punk“ nannten, war leider tatsächlich mehr als nur der Zeuge einer prä-apokalyptischen Ironie. Denn Vant geben mit diesen Konzerten auch ihr vorläufiges Ende bekannt – Rückkehr offen. Zum Abschied schickt die Band zwar noch das Mini-Album „Talk Like Thunder“ hinterher, richtig traurig ist der Verlust dieser Band aber vor allem aufgrund ihres großen Debütalbums „Dumb Blood“, das im Februar dieses Jahres erschien.

Denn Vant standen nicht ohne Grund schon bereits vor dem Release dieser Platte im Vorprogramm von Bands wie Royal Blood. Der Sound der Band ist weder sonderlich innovativ noch schlägt er individuelle Kapitel auf, trägt zwar einen grundsätzlichen Signature-Vibe mit sich, bastelt diesen allerdings zugegeben aus dem Material vieler britischer Vorreiter zusammen. Was Vant so gut macht, ist die Perfektion, mit der sie all dies tun. Ihre Indie-Songs jagen eine Gassenhauer-Melodie nach der nächsten aus ihren Riffs, ohne dabei jemals billig zu wirken. Ihr Sound scheppert herrlich zwischen den Polen Garage und Grunge hin und her, stürzt sich dabei aber weder zu sehr auf den krachend-dreckigen Reverb noch zu deutlich auf indifferente Cobain-Flapsigkeiten. Das Geheimnis von Vant liegt also nicht in der individuellen Klasse einer einzelnen Komponente, sondern in der perfekten Balance, die zwischen den einzelnen Elementen ihres Sounds liegt.

Und so zeigt die Band in den 13 Songs ihres Debüts, dass sie jede ihrer angetrauten Disziplinen völlig ohne Makel beherrscht. „Parking Lot“ ist der diskussionslos beste positiv besetzte Ohrwurm des Jahres, der seine simple Grundsubstanz bis in die Finalen hervorragend ausspielt und das Zusammenspiel von Gesang und Riff zum Schluss in einen hemmungslos befriedigenden Ausbruch steigert. „Parasite“, eine musikalische Hommage an Rock’n’Roll-Legenden wie Chuck Berry, ist etwas dreckiger als sein Song-Umfeld und inszeniert den kurzen Rückblick in den Ursprung der Beat-Musik äußerst zappelig. „Peace & Love“ fungiert hingegen als Friedenshymne, die ein modernes Woodstock mehr denn je erfordern würde.

Letzteres offenbart auch gleich die Komponente, die Vants Debütalbum endgültig so zielgenau und rund macht. Denn anstatt wie viele andere Indie-Kollegen über hohle Nichtigkeiten zu singen, wollen Vant mit ihrer Lyrik aufwühlen. Und so lehnt sich „The Answer“ explizit gegen menschenunwürdige Angriffe auf Syrien, „Put Down Your Gun“ fungiert als Statement gegen rassistisch motivierte Gewalt, „Do You Know Me?“ kreidet die Anonymität und Kälte unserer Gesellschaft an. Vant verstehen sich nicht als Revoluzzer, aber sie wissen genau, dass sie ihr Handwerk in absoluter Perfektion beherrschen – und das bereits auf ihrem ersten Album. Hoffen wir, dass es nicht die letzte Platte dieser hoffnungsvollen Band sein wird. Denn Vant hätten durchaus das Potential, Größen wie die Arctic Monkeys zu beerben.

Fazit

8.2
Wertung

So rund wie auf diesem Debüt klingen die meisten Bands in ihrer ganzen Karriere nicht. Vant vollbringen nicht nur dieses Kunststück, sondern schaffen es auch, dabei nie abgehalftert oder ausgelutscht zu klingen. Solange es solche Platten gibt, muss Rockmusik keine Existenzängste haben.

Jakob Uhlig