Reviews

The Soft Moon und "Criminal": Schmerzhafter Befund

Luis Vasquez alias The Soft Moon zerrt seinen Post-Punk auch auf „Criminal“ ins Abstrakte. Seine Konturlosigkeit tut dem Werk allerdings nicht durchgängig gut.

Dabei ist der Einstieg in das nunmehr vierte Werk des Kaliforniers eigentlich straight wie nie. „Burn“ etabliert ein simples Riff völlig abseits jeglicher Verzerrung durch elektronische Elemente. Erst allmählich baut Vasquez Synthesizer in die Sound-Struktur ein und erzielt damit sperrige Klangmalereien zwischen Beklemmung und Rausch. Den Boden unter den Füßen verliert „Burn“ dabei trotzdem nicht, weil der Song zu keinem Zeitpunkt im Haltlosen untergeht. Vasquez‘ Rechnung geht hier eindeutig auf, ähnlich wie in „It Kills“, das das chaotische Seelenleben des US-Amerikaners mit schreiender Rauschwelle kommentiert. „Criminal“ klingt wie der verstörte Hilferuf in Folge eines inneren Konfliktes und wirkt so als Manifest auf die Zerrissenheit.

Vasquez‘ Dekonstruktivismus führt ihn allerdings auch in musikalisch problematische Sphären, die dem Werk einen leicht bitteren Nachgeschmack verleihen, der nicht unbedingt mit der klaustrophobischen Stimmung von „Criminal“ zusammenhängt. Vielmehr verliert sich das Album bisweilen in eine atmosphärische Ziellosigkeit, die etwa in „ILL“ inmitten klirrender Noise-Gewitter kein eindeutiges Resümee der Sinnhaftigkeit zulässt. Funktionieren solche Momente als Ausdruck von Vasquez‘ eigener Charakter-Verzerrung? Gut möglich. Führt das aber zu musikalischer Eintönigkeit, die sich nur hinter einem Mantel aus störrischen Sound-Fragmenten versteckt? Das leider auch. Der Londoner DJ Visionist bewies erst vor kurzem auf seiner neuen Platte „Values“, wie perfekt die Auflösung aller erdenklicher Audio-Ästhetik funktionieren kann, und ging damit sogar noch einen gewaltigen Schritt weiter als The Soft Moon. Letzterer kann mit seinem Werk stellenweise aber nicht mehr den Umschwung in definierte Inspiration schaffen. So bleibt „Criminal“ eine faszinierende Klangstudie introvertierter Selbstzweifel, die aber den monotonen Tinnitus dieses Gefühls zu gut nachempfindet, als dass sie zum dauerhaften Genuss einladen könnte.

Fazit

5.8
Wertung

"Criminal" zu bewerten ist eine so zwiespältige Angelegenheit wie das Album selbst. Einerseits ist Vasquez' Sound-Ideal durchaus spektakulär, anderseits stecken dahinter kaum Songs, die mit wirklich substanziellen Ideen aufwarten. So ergibt sich eine Platte ohne große Highlights, der man trotzdem eine gewisse Spannung nicht aberkennen kann.

Jakob Uhlig
6.2
Wertung

The Soft Moon versucht mit "Criminal" auch neue Wege zu gehen, was dem Sound neue Impulse verleiht.

Johannes Kley