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Shields und „Life in Exile“: Aus der Hölle in den Himmel und zurück

Bands, die ihre Musik Satan, Lucifer, dem Beelzebub oder wie man ihn auch nennen will widmen kennt man zu genüge. Aber Shields klingen auf ihrem Debütalbum „Life in Exile“ so brachial, als käme ihr Sound direkt aus der Hölle. Ein Engel hat sich dennoch in diese Combo geschmuggelt.
Shields Life In Exile Cover

Die dumpfen Klänge in Kombination mit krummen Electromelodien und den beinahe bedrohlich lauter werdenden Drums wirken zu Beginn wie eine Warnung, ein Alarm. Dann ertönt ein Break und man erwartet den Liedwechsel, doch jetzt bricht die Hölle hinein. Schlagzeug und Gitarren setzen zusammen mit tiefen Shouts Bass-lastig ein, nach und nach rutscht der Frontmann in ein gewaltiges Growlen. Es fühlt sich an wie eine Reise tief hinab in die Hölle. Diese beginnt mit dem Intro „Intimacy“ und fließt nach kurzem Abflauen direkt in „Black Dog“. Hier angekommen wird der Hörer mit einem brutalen Gewitter aus harten Drums, einem Wechselgesang aus Growls und Shouts und Gitarren, deren Riffs nach dem Anschlagen sofort nach unten gleiten. Doch plötzlich wird dieses Schauspiel durchbrochen, und zwar von klar artikulierten und hohen Gitarrenriffs, verbunden mit hervorragendem Clean-Gesang, der so unfassbar gut ist, dass er an dieser Stelle engelsgleich wirkt. Normalerweise nimmt ein Clean Part einem Metalcore-Song sehr viel Härte und Schärfe. Hier aber tatsächlich nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Diese Parts klingen sehr nach Verzweiflung, stellenweise sogar nach einem Hilfeschrei, der dann in lauten Schreien und Getöse untergeht.

Dieses Spiel mit den Wechselgesängen aus Shouts und Growls ist sehr extravagant. Es gibt genügend Hörer, die entweder nur das eine oder das Andere mögen, so ist dieses Zusammenspiel etwas sehr Besonderes. Was allerdings wirklich stört sind ein paar einzeln gestreute Shouts, die sich aber eben irgendwo zwischen Shouts und Screams bewegen, was überhaupt nicht in das Gesamtbild passt. Es ist einfach zu viel des Guten, besonders  im Intro „Intimacy“.

Das Ende des Albums wird dann nochmal sehr düster. Erst kommt als vorletzter Track das Interlude mit dem sperrigen Titel „N35.E138“. Das sind Koordinaten, die direkt zum letzten Titel des Songs führen. Dieser heißt „Aokigahara“. Das ist ein wirklich originelles Interlude. Aokigahara ist ein Wald in Japan, der immer wieder unrühmliche Schlagzeilen macht, da sich dort jedes Jahr um die hundert Menschen das Leben nehmen. Dieses Wissen gibt dem Text und dem Sound eine solche unglaublich bedrohliche und beklemmende Stimmung, dass es schwer in Worte zu fassen und noch schwerer zu imitieren ist. Ganz großes Kino, nur leider ein Horrorfilm. Denn damit endet dann das Album und lässt den Hörer mit einem sehr beklommenen Gefühl zurück.

Laut, brachial, aggressiv, Shields aus London schaffen eine selten dagewesene Atmosphäre. Als ob man im Boot des Charon sitzen würde, der einen über den Styx in die Hölle oder die Unterwelt befördert. Tiefe, manchmal dissonante Töne und der gutturale Gesang kreieren einen irren, dunklen bedrohlichen Sound, der manchmal von einer regelrecht lieblichen Stimme durchbrochen wird. Aber das ist ein Kampf, den man nicht gewinnen kann.

Fazit

6.3
Wertung

Selten war die Bewertung so schwer. Shields machen auf „Life In Exile“ eigentlich alles richtig, schaffen es jedoch trotzdem nicht so recht in mein Ohr vorzudringen. Dennoch gelingt der Platte eine große Atmosphäre, die sie sehr besonders macht.

Moritz Zelkowicz