Scott Matthew und „Ode To Others“: Echte oder falsche Tränen?

Kennt noch irgendwer Rosenstolz? Wenn ja, dann kennt man vielleicht auch den Singer/Songwriter und Lyriker Scott Matthew. Er war Featuregast auf deren Comeback-Album und bringt nun mit „Ode To Others“ seine neueste eigene Platte heraus. Die erzeugt eher gemischte Gefühle.
Scott Matthew Ode To Others Cover

Bei akustischer Musik gibt es einiges zu beachten. Beispielsweise, dass der Grat zwischen entspannt und langweilig sehr schmal ist. Genau wie der Grat zwischen emotional und weinerlich. Scott Matthew tanz auf diesem Grat, nicht ohne hin und wieder mal auf beide Seiten abzudriften.

Die Tatsache, dass Matthew ein begeisterter Ukulele-Spieler ist und das auch in seinen Liedern zeigt, macht ihn überaus sympathisch. Dass er „Do You Really Want To Hurt Me“ covert nicht ganz so. Aber wie er es macht ist absolut grandios. Da ist eben zum Einen er selbst, mit seiner etwas anstrengenden, hoch angelegten Stimme, beinahe etwas androgyn, was für gewöhnlich kein Problem bei einer Männerstimme ist. Allerdings klingt der gebürtige Australier meist sehr gekünstelt emotional und dieser nicht übermäßig starr aufgesetzte Pathos nervt auf Dauer enorm. Dazu kommt noch, dass er sehr gehaucht spricht, was auch nicht wirklich zu einer erstrebenswerten Gesangsstimmung beiträgt. Im von ihm interpretierten Klassiker aus den 80ern stört das alles aber kaum, da er es hier wagt, etwas Druck in seine Stimme zu legen. Die partielle Begleitung einer Trompete macht das Stück fast humorvoll, im Endeffekt ergibt sich allerdings schlicht ein rundum hinreißendes Cover.

Es ist eines von drei Covern auf dem Album. Eines davon liegt Matthew besonders am Herzen. Seine Version von „The Sidewalks Of New York“ ist auch noch einmal etwas Besonderes, auch wenn Matthews etwas übertrieben in die Höhe getriebene Stimme in Verbindung mit dem in einigen Zeilen auftretenden britischen Akzent stellenweise ein wenig grotesk klingt. Aber darüber kann man in diesem Song merkwürdigerweise komplett hinwegsehen. Denn das Gefühl, das er in dieses sehr minimalistische Stück legt, wirkt absolut echt. In der Ode an seine Wahlheimat New York rückt die ruhige Begleitmusik aus Klavier, einem gezupften Cello und einem ganz leise wabernden Synthesizer in den Vordergrund. In den letzten Sekunden setzt dann die Musik vollständig aus um Scott Matthews Stimme ganz alleine zu lassen und es klingt wirklich so, als sei er ehrlich zu Tränen gerührt. Das ist schlichtweg schön. Aber das war es dann auch schon, denn dieser Mix aus etwas zu hohem, gehauchtem Gesang verfehlt manchmal nicht nur den Takt, sondern auch den richtigen Ton. Da kann auch die Ukulele nichts ausrichten. Kann man das in „End Of Days“ mit sehr viel gutem Willen als künstlerisches Stilmittel betrachten, so ist die Coverversion zu „Flame Trees“ nur schwer tragbar. Das am meisten Störendste in diesem Track ist aber Matthew selbst. Er klingt, als könnte er kaum singen, weil er eigentlich lieber weinen möchte. Hier schafft er das leider nicht sehr authentisch, sondern nur unglaubwürdig aufgesetzt.

Scott Matthew hat eine wirklich einzigartige Stimme, besonders durch die feminine Einfärbung. Daraus kann man definitiv einiges machen, zumindest mehr als auf „Ode To Others“ gemacht wurde. Klar kann man daraus sehr viele Emotionen schöpfen. Aber immer und nur zu Tränen gerührt zu sein, das wirkt dann eher peinlich.

Fazit

5.4
Wertung

Scott Matthew hält das Album instrumental sehr klein, bei seiner Stimme auch kein Wunder. Wie wenig er dann im Endeffekt daraus macht ist sehr schade. Die große Frage des Albums ist dann leider nur, welche Tränen sind echt und welche nicht. Immerhin: Rosenstolz haben es nicht auf das Album geschafft.

Moritz Zelkowicz
6.3
Wertung

Scott Matthew hat schöne, vornehmlich instrumentale Ideen, die "Ode To Others" zu einem angenehmen Stück Musik machen. Das kommt zwar ohne große Highlights daher, ist aber wohl gerade deswegen so schön einnehmend.

Jakob Uhlig