Parkway Drive und „Reverence“: Stilistische Wundertüte

Die Metalcore-Giganten von Parkway Drive laden mit „Reverence“ wiedermal zum Tanz - allerdings so ganz anders als erwartet.

Die Schreie sind natürlich laut. Parkway Drive schlagen einen neuen Weg ein. Aber deswegen gleich „Ausverkauf!“ brüllen? Veränderung muss nicht schlecht sein, auch wenn es immer wieder Negativbeispiele gibt. Aber die Band um Frontmann Winston McCall geht die nächsten Schritte mutig an. Vor zwei Jahren war Cleangesang auf einem Parkway-Drive-Album laut McCall undenkbar. Anscheinend hat er aber Kreativität, denn nicht nur einmal probiert er sich im Gesang. Aber vor Allem hat er eines für sich entdeckt: Sprechgesang. Durch alle verschiedenen Einflüsse, die sich durch dieses Album ziehen, entsteht ein roter Faden.

Mit „Vice Grip“ und ganz besonders „Wild Eyes“ hatten Parkway Drive zwei der größten Ohrwürmer des Metalcores präsentiert. Mit ihren neuen Klängen bieten sie das auch wieder, nur eben nicht im Metalcore. Die melodischen Refrains von „Prey“ und „The Void“ sind verdammt catchy, das allerdings hart an der Grenze. Mut zur Melodie schön und gut, aber man darf es nicht übertreiben, und Parkway Drive haben das hier noch nicht. Und so klingen die Songs sehr eingänglich, auch wenn „The Void“ sehr stark nach Metallica klingt. Allgemein machen sich Einflüsse aus verschiedensten Metal-Genres auf der Platte breit, und so entfernt man sich vor lauter Spielerei immer weiter vom Metalcore, den man stellenweise sehr intensiv suchen muss. Merkwürdigerweise tut das der Platte keinen sonderlichen Abbruch. Denn trotz Songs wie „Cemetery Bloom“ schafft es „Reverence“ nicht nur zu überzeugen, sondern auch zu begeistern.

„Cemetery Böoom“ schafft beim ersten Mal hören ziemliche Verwirrung, beim zweiten Mal auch. Diese ruhige Nummer kommt zwei Minuten mit Winston, einer Synthie-Line, einem Chor und Geigen aus und bleibt beinahe beängstigend ruhig. Der Song wirkt wie ein Interlude, auch wenn er so wohl nicht gedacht ist. Winstons Stimme ist hier herausgearbeitet wie nie zuvor und zeigt Facetten in ihr, die man nicht mal vermutet hätte. Und egal was versucht und gestreut wird, das Album verliert seine Energie nicht und die gute Umsetzung verzeiht sogar das Streuen von potentiellen No-Gos wie Trance-Synthie-Passagen in „In Blood“. Aber auch „In Blood“ muss man sofort wieder in Schutz nehmen. Denn erstens lehnt sich der Song musikalisch und stilistisch stark an den klassischen Parkway-Drive-Metalcore-Sound an und so klingen selbst diese „bösen“ Passagen einfach Klasse. Allgemein lassen es sich die Australier nicht nehmen, den Fans ein Paar „normale Parkway-Drive-Songs“ zu präsentieren. „Absolute Power“ ist das perfekte Bindeglied des neuen und alten Sounds, sofern man davon schon sprechen kann.

Die Männer aus Down Under ecken mit „Reverence“ definitiv gewaltig an, aber sie wissen auch gewaltig zu begeistern. Und so durfte Winston McCall sich ausprobieren und sich auch mal von einer ganz anderen Seite präsentieren. Schade ist einzig die Tatsache, dass der Metalcore vielerorts einfach viel zu kurz gekommen ist, aber stattdessen wurde ja anderer adäquater Content verarbeitet.

Fazit

7.6
Wertung

Auch wenn man den Metalcore etwas zu oft wie in einem Wimmelbild suchen muss, schaffen es Parkway Drive wieder zu überzeugen. Und sehr viele Kritiker werden so manchen Song live ganz besonders feiern, denn da liegt verdammt viel Potential.

Moritz Zelkowicz
7.1
Wertung

Parkway Drive verstehen als eine der ganz wenigen Bands im Metalcore, dass Weiterentwicklung nicht wehtut. Aus dieser Perspektive ist es fast schon schade, dass „Reverence“ mit ebenjenem Genre eigentlich nichts mehr am Hut hat – erfrischend aufregend ist die Platte aber trotzdem allemal.

Jakob Uhlig