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Mavis Staples und "If All I Was Was Black": Bitterer Nachgeschmack

Auch mit 78 Jahren besitzt Mavis Staples noch immer eine der besten Stimmen der Welt. „If All I Was Was Black“ gibt ihr leider nicht die Plattform, das unter Beweis zu stellen.

Dabei hätte Staples‘ neue Platte ein so wichtiges Werk sein können und sollen, denn es kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Es erscheint in einem Amerika, in dem Donald Trump den Rassismus erneut gesellschaftsfähig gemacht hat und lautstarker Protest angebrachter denn je ist. In den vergangenen Monaten hat dies – so bittersüß das auch ist – unter zahlreichen Musikern für fruchtbaren Boden gesorgt. Roger Waters veröffentlichte etwa mit „Is This The Life We Really Want?“ eine scharfe und musikalisch große Kritik an dem amtierenden US-Präsidenten, Anti-Flag sind mit „American Fall“ vielleicht so deutlich wie noch nie geworden, und auch Staples selbst hatte ihrer Wut zusammen mit Arcade Fire und dem Song „I Give You Power“ bereits Luft gemacht. „If All I Was Was Black“ soll nun die ganz persönliche Antwort der Soul-Legende sein, die sie erneut in Zusammenarbeit mit Jeff Tweedy formuliert hat.

Lyrisch wird Staples dabei immer wieder sehr deutlich. Besonders natürlich im Titeltrack, der sich versiert dagegen wehrt, Menschen lediglich auf ihre Hautfarbe zu reduzieren. Auch „Build A Bridge“ ist ein großer Aufruf an die Gesellschaft, gemeinschaftlich statt selbstbezogen zu leben. „Look around at our country / At the people we don’t ever see / Standing side by side us divided / Lonely in the land of the free“ – tiefschürfende Worte, die besonders aus dem Mund einer der einflussreichsten schwarzen Musikerinnen aller Zeiten ihre Wirkung nicht verfehlen. Oft wird Staples wie in „Ain’t No Doubt About It“ zwar wenig konkret, die Nachricht ihrer Platte könnte dennoch deutlicher kaum sein.

Umso trauriger ist, dass „If All I Was Was Black“ musikalisch leider nicht mit seinen Intentionen mithalten kann. Jeff Tweedys bluesige Americana-Arrangements sind zwar durchgängig geschmackvoll und technisch einwandfrei, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie im Grunde recht uninspiriert sind. Besonders negativ fällt das gerade im Opener „Little Bit“ auf, der nach einer gewissen Zeit kaum mehr aus seinem immergleichen und viel zu seichten Loop auszubrechen vermag. Zwar verfängt sich Tweedy nicht über die volle Dauer der Platte in seichten Belanglosigkeiten, und seine knarzigen Garage-Solos klingen im Kontrast mit Staples phänomenaler Stimme immer wieder wie ein gelungener Kontrapunkt, echte Highlights bieten die Songs des Albums dennoch zu keiner Zeit. Immerhin wird so Staples‘ Gesang noch mehr Platz eingeräumt. Dieser vermag nach wie vor einige der absolut wohltuendsten Soul-Chills überhaupt auszulösen. Dennoch gelingt es auch der Sängerin selbst nicht vollends zu glänzen, da die recht unspektakulären Kompositionen ihr kaum Gelegenheit zum Glänzen bieten. So bleibt letztendlich ein Werk, das unterm Strich immer noch gut ist – aber viel besser hätte sein müssen.

Fazit

6.3
Wertung

"If All I Was Was Black" wirft mich in einen Zwiespalt: Es hätte ein großartiges und wichtiges Werk einer der größten Soul-Legenden aller Zeiten werden können, und im Grunde macht das Album nicht viel verkehrt. Das Songwriting ist allerdings viel zu eindimensional geraten - das entwertet eine an sich tolle Platte leider deutlich.

Jakob Uhlig