Haiyti und „Montenegro Zero“: Dürftig und kleinkariert

Mit „Montenegro Zero“ veröffentlicht die Hamburger Rapperin Haiyti ihr neues Album - hätte sie es doch lieber gelassen.
Haiyti Montenegro Zero Cover

Was bekommt man heraus, wenn man Iggy Azalea, Jennifer Weist und Haftbefehl mixt? Ganz genau, nichts sehr Erstrebenswertes. Haiyti bringt mit „Montenegro Zero“ ihr neues Album und zeigt uns ihre rar gestreuten musikalischen Stärken, die aber von ihren Schwächen maßlos erdrückt werden.

Ésmaticx, Sookee und vor ein paar Jahren auch mal für sehr kurze Zeit Naya Isso: Gute und ernstzunehmende Rapperinnen sind allgemein schwer zu finden. Das Abdriften in die Stereotypen unserer abnormal florierenden Popmusik und damit ein paar leicht verdiente Lorbeeren einzusacken ist natürlich sehr verlockend. Haiyti schafft das allerdings mit ihrem extravaganten Sound nicht, was in erster Linie nicht schlecht ist. Denn es ist ja vordergründig ihr eigener Sound, der sie so vom Mainstream abhebt. Jedoch ist der Grund dafür sehr, sehr schwach. Bei allem was sie tut, klingt es, als versuche sie wie die „Größen“ des Business zu klingen. Aber ist es wirklich erstrebenswert, sich wie Nicki Minaj oder Iggy Azalea anzuhören? Vor allem, da Haiyti textlich Potential hätte. Nette Grundideen, einzeln gestreute gute Lines, die Beats haben auch stellenweise Substanz und ganz wichtig: Sie ist technisch passabel. Allerdings geschieht all das eben nicht mal konstant, sondern nur in Ausnahmen.

Man nehme die erste Singleauskopplung „100.000 Fans“. Die geht mit einem klassischen Trap-Beat los. Viel Bass, schnelle Hi-Hats, hochgepitchte Stimme. Und diese gleichgültige Arroganz in den Zeilen „Ich hab‘ 100.000 Fans, die mich alle noch nicht kennen“ - alles Material, das man für einen guten Rap-Song brauchen könnte. Problem an der Sache: Der Beat wirkt komplett dilettantisch gemixt und die selbst eingesprochenen Voice Samples sind so unglaublich kindisch, dass man eigentlich lachen könnte, wäre dieses „Bling-Bling“ oder „Rawrr-Rawrr“ nicht ernst gemeint.

In „Sunny Drive By“ funktioniert das mit dem Pop-Sound wieder sehr gut, denn der Klang ihrer gepitchten Stimme und ihres Beats würden so perfekt in unsere Radiolandschaft passen. Allerdings auch hier wieder ein Fehler: Die deutschen Texte entlarven die hohlen Plattitüden und die billigen, peinlichen Reime sofort. Einen Vorteil den Iggy Azalea hier Voraus hat, die rappt nur auf Englisch, oder zumindest dem, was sie Englisch nennt.

Dagegen hätte „Gold“ ein richtig guter Track werden können. Über die etwas zu kitschige, aber sonst sehr gute Hook könnte man ohne Probleme hinwegsehen, aber die einzelnen Parts und die Bridge sind nicht mehr als eine Sammlung verschiedenster Phrasen, die nichts miteinander zu tun haben, garniert mit Schnipseln, die sogar zum Thema passen könnten. Jedweder auch nur ansatzweise logische Gedanke wird dann aber sofort mit der nächsten zusammenhanglosen Line gesprengt.

Dann wären da aber natürlich auch noch absolute Komplettausfälle wie „Kate Moss“. Eine Nummer anscheinend tatsächlich darüber, wie heftig sie doch drauf ist. Als Beweis dafür wiederholt sie 36 (!) Mal: „Ich smoke die Kippen wie Kate Moss“. Dazwischen immer wieder unglaublich „gefährliche“ Lines. Das ganze niveautechnisch irgendwo zwischen Haftbefehl und einem 15-jährigen, der Gangsterrap machen will, weil er das erste mal Big Shaqs „Mans Not Hot“ gehört. Na gut. Big Shaq ist mit seinem, „The Ting Goes Skrrrrra“ wenigstens witzig. Haiyti ist eigentlich nur peinlich.

Ihre Technik erinnert stellenweise sehr an Jennifer Weist, wenn diese sich im Rappen versucht, nur dass Frau Weist ihren Job deutlich besser macht - womit dazu alles gesagt wäre. Mainstream, Gangsterrap-Plattitüden und manchmal gute Ideen sind kein guter Mix und für ein Album einfach viel zu wenig. Für eine Erwähnung in der Liste der besten weiblichen deutschen Hip-Hop Künstler wird es wohl nicht reichen. „Montenegro Zero“ wird allerdings den Weg in eine weniger schmeichelhafte Top 10 schaffen, nämlich die der schlechtesten Rap-Alben des Jahres – vorausgesetzt, Money Boy und Co bleiben dem Studio fern.

Fazit

1.1
Wertung

Kindisches Getue und Versuche, wie ein Gangster zu klingen, verpackt in langweilige Trap-Beats. Kurzum: das kann weg.

Moritz Zelkowicz
1.4
Wertung

Um Gottes Willen. Nach konfusen Rechtspopulisten im Bundestag und Fidget Spinnern ist Haiyti der nächste Beweis dafür, dass nicht jeder Trend aus den USA in Deutschland übernommen werden sollte. "Montenegro Zero" setzt Trap so dermaßen spektakulär peinlich um, dass man sich fast schon wieder unterhalten fühlen könnte - wäre da nicht dieses zunehmende Schädel-Dröhnen, das sich nach spätestens zwei Songs dieses Machwerks einstellt.

Jakob Uhlig