Franz Ferdinand und „Always Ascending“: Mehr Abwärts statt immer Aufwärts

Franz Ferdinand sind tot, aber lang leben Franz Ferdinand. Die schottische Britpop-Kombo meldet sich nach personeller Umstrukturierung zurück und vermeldet eine Wiedergeburt. Alles auf neu. Auf „Always Ascending“ soll der Sprung vom Retro-Sound auf deutlich futuristischere Stilistik erfolgen. Aber warum?
Franz Ferdinand Always Ascending Cover

Britpop hat sich immer über Tradition definiert. Die Bewegung entstand in den Neunzigern und sollte ihr Augenmerk auf die gute alte Rock- und Popszene richten. Heißt: Viele Gitarren. Neue Musik, die alt klingt. Dem haben sich Franz Ferdinand auch verschrieben und waren mit ihrem Szene-Smash-Hit „Take Me Out“ Vorreiter im neuen Jahrtausend. Jetzt soll jedoch alles anders werden und die Band versucht, sich mit vielen elektronischen Komponenten neu zu erfinden. Problematisch daran ist, dass sie mit den neuen Elementen älter klingen als je zuvor. Oder ist das überhaupt problematisch? In erster Linie wohl nicht, denn schließlich klingt es gänzlich anders. Aber anders ist nicht gleich gut.

Gleich der Titeltrack beginnt schon recht spannend. Im Hintergrund eine im Loop gesungene Phrase. Im Vordergrund hallender Gesang, und beide Stimmen werden dynamisch immer ähnlicher, bis sie quasi miteinander verschmelzen. Allerdings wird das Album schon sehr anstrengend, wenn die Synthie-Beats einsetzen und Sänger Alex Kapranos beinahe stöhnend und kaum zur Melodie passend einsetzt. Und es dauert noch bis zum Refrain, bis er endlich halbwegs zur Melodie kongruiert. Diese ganze Mischung macht den Einstieg sehr schwer und der darauffolgende Track „Lazy Boy“ macht es kaum besser. Nur der Text ist recht amüsant. Faulheit ist und bleibt ein Thema, bei dem man leicht Zugang findet.

Aber es werden auch Sachen richtig gemacht. „The Acedemy Award“ ist ein Beweis, dass Franz Ferdinands Stärken eher im klassischen Britpop liegen. Eine ruhige Nummer, diesmal nicht begleitet von Synthie-Beats, sondern ganz entspannt von einer Synthesizer-Line. Der Song kommt ganz ohne viel Schnickschnack aus und macht seine Sache sehr gut. Ähnlich macht es auch „Slow, Don't Kill Me Slow“. Auch hier setzt man auf Ruhe, allerdings wird die Gitarre durch den Synthesizer ersetzt, was das Lied als Closer des Albums nochmal zu einer kleinen Herausforderung macht. Denn so gut sich dieser Synthie-Sound im Song auch macht, desto mehr nervt dieser Klang, wenn er das Album mit merkwürdigen Kombinationen ausfaden lässt. Das Ganze untermalt mit aufspielendem Becken, lässt einen hoffen, dass „Always Ascending“ bald vorbei ist. So wird im Verlauf, ein sehr guter Track sehr nervig.

Aber es wäre unfair, das Album nur auf den ziemlich misslungenen Neustart mit elektronischen Elementen zu reduzieren. Denn es gibt auch echte Lichtblicke. „Huck and Jim“ ist beispielsweise einfach sensationell – auch, weil hier einfach alles dabei ist und man sich schlichtweg mehr zutraut. Krachende Beats, gutes Tempo, guter Gesang und eine wirklich gut gerappte Passage. Einfach große Klasse. Auch „Finally“ macht mit gelungenem Tempo eine gute Figur. Elegante Breaks, guter Gesang, eine runde Sache. Sehr schade, dass darauf „Glimpse of Love“ folgt. Wieder ein Versuch, mit sehr anstrengenden Synthie-Lines einen Retro-Dancehall-Hit auf die Beine zu stellen.

Wörtlich übersetzt heißt „Always Ascending“ „immer aufsteigend“. Leider trifft dieser Titel überhaupt nicht zu. Zwar zeigen Franz Ferdinand ab und zu, dass sie auch diesen neuen Stil spielen können, allerdings wirkt der Rest der Platte eher wie ein gescheitertes Experiment.

Fazit

4.8
Wertung

Hier wurde einfach zu viel gewollt und zu wenig investiert. Sich treu bleiben und alles über den Haufen zu werfen um wie Depeche Mode zu klingen kann einfach nicht gut funktionieren. Ergebnis ist leider ein sehr anstrengendes Album, das seine Momente hat, aber sonst enttäuscht. Wer einen österreichischen Adeligen hören will, dem rate ich eher zu Kaiser Franz Josef.

Moritz Zelkowicz
6.3
Wertung

Zur neuen Platte von Franz Ferdinand darf man durchaus gemischte Gefühle haben. Richtig zünden wollen die neuen Synthie-Elemente nämlich nicht, trotzdem wechseln sich auf "Always Ascending" solche eher konturlosen Erneuerungs-Versuche mit nach wie vor spaßigen Retro-Indie-Versatzstücken ab, die die Band zurecht nicht aus ihrem Trademark-Repertoire entlässt. Spätestens beim unheimlich stilvollen Saxophon-Solo in "Feel The Love Go" ist Old School wieder cool.

Jakob Uhlig