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Fatherson und „Sum Of All Your Parts“: Zu viel und von allem zu wenig

Man kennt von Fatherson ja einiges: Indie, Pop, beinahe weinende Gesangspassagen - sogar ganze Songs. Doch Grunge klingt im Zusammenhang mit dieser Band dann doch absurd. Und doch, auf „Sum Of All Your Parts“ wollen die Schotten sich neu erfinden. Das gelingt eher mittelmäßig, bis auf die Sache mit dem Grunge natürlich.

Alben von Fatherson sind ja sowieso eine Sache für sich. Zumeist klingen sie doch wie eine Mischung aus ISLAND, James Blunt und Hey Ruin, sehr oft auch einfach wie Oasis. Jeder für sich klasse, aber gemischt? Dass sich da jetzt Nirvana reinmischt, ist dann doch eine mittelschwere Überraschung. Aber eins nach dem Anderen.

„The Rain“ beginnt sehr beruhigend mit Piano und der wahnsinnig emotionalen Stimme von Sänger und Gitarrist Ross Leighton. Das Piano verblasst und der Bass beginnt mit seinem Riff, Synthesizer fluten die Boxen und das Schlagzeug setzt ein. Alles leicht hallig, so wie man es immer macht, wenn die Musik unbedingt nach Indie klingen soll. Und zum Ende dreht Greg Walkingshaw an den Drums ziemlich hart auf. Zu hart für diese Richtung und doch dröhnt die Base, während Snaredrum und Becken scheppern.

Wirft dieser Drumpart schon Fragen auf, verwirrt „Gratitude“ gleich vollends. Denn dieser Track könnte fast genauso von Nirvana sein. Klar, man müsste noch an ein paar Stellschrauben drehen. Der Sänger passt natürlich nicht so gut und der Refrain könnte noch dreckiger und dissonanter klingen - aber sonst? Dreckige Gitarren, eine Melodie die ab und zu noch etwas mehr daneben liegt: Für eine waschechte Überraschung reicht das hier vollkommen aus. Auch auf dem Vorgänger „Open Book“ gab es immer wieder kleinere und größere Ausbrüche, in denen es dann mehr gab, als den leider meist sehr eintönigen Sound von Fatherson. Doch das hier ist neu.

So hart es auch klingt, im Endeffekt ist es ein Versprechen, dass sie dann nicht einhalten. Denn insgesamt wird es dann doch wieder ruhiger, was an dieser Stelle einer kleinen Enttäuschung gleichkommt. Auch wenn man sich bei Fatherson nicht wegen Grunge-Allüren auf die Songs einlässt, so wäre eine Fortsetzung dieses Experiments doch wünschenswert gewesen.

Was folgt, kann dann für keine große Überraschung mehr sorgen. „Oh Yes“ könnte auch ein Oasis-Song sein: Ein besonders ruhiger Anfang, der dann sehr emotional in einem hymnenhaften Refrain endet. Dein örtliches „Hitradio-Super-Antenne“ freut sich bestimmt über den „Newcomer“. Das ist schlichtweg langweilig, kennt man, hat man schon mehrfach besser gehört.

„The Landscape“ ist dann schon interessanter, jedoch zeigt sich mit diesem Song auch ein Problem der Band. Die Stimme von Ross Leighton ist etwas zu sauber für den hier doch wieder recht rau angespielten Sound, der von Indie-Pop dann doch wieder zu Indie-Punk tendiert. Der nachfolgende Track „Ghost“ bestätigt, dass hier Leightons Stimme im Drumgewitter einfach untergeht.

„Reflection“ wird dann wieder zum Reinfall. Zu langsam für die beiden vorangegangenen Tracks, kann man ihn eigentlich nur skippen, in der Hoffnung, dass das, was folgt, wieder etwas Schwung hat. Hat es auch und der erschlägt einen fast. „Charm School“ beginnt so hart, dass der Titel beinahe wie Limp Bizkit klingt und macht einfach nur Spaß! Die Strophen sind verspielt gehalten und sehr basslastig. Zum Ende hin schaukelt sich dann das Schlagzeug hoch, um im Refrain vollends loszulegen. Das macht Laune und gefällt sehr. Genau wie das abrupte Ende, als sich die Drums wieder steigern wollen und vor dem erwarteten Refrain der Track abrupt endet, was eigentlich ein sehr guter Abschluss für die Platte gewesen wäre.

Doch den bestreitet dann „Building A Wall“. Und obwohl es eine starke Nummer ist, so ist sie doch ein Stimmungskiller. Hat sich alles auf geschmeidig-beschwingt eingegroovt, versucht „Buliding A Wall“ ziemlich unnötige Dramatik einzubringen - mit Erfolg. Wieder ist alles sehr basslastig, was aber durch den Hall einen eher düsteren Eindruck hinterlässt. Es ist schwer zu beschreiben, aber das ist einfach der richtige Song am falschen Ort. Nach „Charm School“ hätte Schluss sein sollen, so bleibt man zwiegespalten zurück und das sogar in mehreren Punkten.

Dieses Album wirkt einfach merkwürdig. Fatherson probieren einiges aus, machen ein paar sichere Kisten und so klingt „Sum Of All Your Parts“ irgendwie unrund. Die einen Tracks machen Lust auf mehr, die anderen langweilen zu Tode, „Charm School“ begeistert von vorne bis hinten und ist der gelungene Abschluss einer nicht wirklich gelungenen Platte. Symptomatisch ist, dass danach das Album nicht vorbei ist und ein hervorragender, aber trotzdem deplatzierter Song die Platte beendet. Fatherson müssen sich sehr gut überlegen, was auf dieses Album folgen soll.

Fazit

4.4
Wertung

Von Staunen über gähnende Langeweile, bis hin zu schlichter Begeisterung ist alles dabei. Geendet hat es leider mit einer Enttäuschung. Das war einerseits zu viel, da aber von all dem zu wenig - einfach unrund.

Moritz Zelkowicz