Reviews

Caliban und "Elements": Festival der Stagnation

Das neue Caliban-Album ist solider Metalcore, der kompromisslos zur Sache geht. Nicht mehr, aber auch nicht… Moment, jetzt reicht es!
Caliban Elements Cover

Laut den präzisen Analysen zahlreicher renommierter Musikmagazine gibt es im deutschen Metalcore drei Bands, die die elitäre Spitze ihrer Szene bilden. Das wären zum einen die Thüringer Urgesteine Heaven Shall Burn, die mit ihrer opulenten Dampfhammerwalzenmusik mittlerweile tatsächlich große Hallen füllen. Zweitens wären hier die durchaus umstrittenen Callejon zu nennen, deren jüngster Auswuchs „Fandigo“ aufgrund seiner radikalen Stilabkehr für viel Kritik sorgte und mittlerweile auch in deutlich intimeren Auftrittsorten resultiert. Und dann sind da eben noch Caliban, über die es eigentlich nur zu berichten gibt, dass sie mit fast schon widerlicher Pünktlichkeit seit Ewigkeiten im Zwei-Jahres-Takt immer und immer wieder das selbe Album unter neuem Titel veröffentlichen.

Wie geht man mit diesem Umstand nun um? Man könnte „Elements“ einfach mit einem Schulterzucken abtun, schreiben, dass dieses Album mal wieder reine Caliban-Standartkost ist und eine solide Fünfer- bis Sechserwertung verteilen. Etliche Kritiker tun das seit Jahren und sind dabei mindestens genauso kontinuierlich wie die Band mit ihren Albumproduktionen. Oder man spricht einfach mal aus, wie es tatsächlich ist: Eine Platte wie „Elements“ ist besonders in Anbetracht der Bandhistorie eine kreative Bankrotterklärung, denn nichts, absolut gar nichts kann sie irgendwie aus der Masse abheben.

Wer in seinem Leben jemals auch nur ein Metalcore-Album gehört hat, der kann diesen Abschnitt getrost überspringen, denn Caliban verbauen in ihrer Musik wirklich gar nichts, was über die Grundregeln des Genres hinausgeht. Ein Blastbeat rennt dem nächsten hinterher, ein gelegentlicher Breakdown darf nicht fehlen, abgehackte Riff-Zyklen wirken ganz besonders böse, monotone Shouts ohne jegliche Technikvariation kontrastieren mit den obligatorischen und immergleichen Clean-Refrains, ein paar dezente Synthies machen das Soundbild etwas breiter und schaffen die nötige Epicness. Damit hätte man eigentlich alles abgehakt, was auf „Elements“ passiert. Wer tatsächlich noch einen Beweis für Calibans erschreckende Schema-F-Arbeitsweise benötigt, der werfe sein Augenmerk auf den Titel „Ich blute für dich“, der den einzigen deutschsprachigen Song der Platte bildet. Einen solchen gibt es seit „I Am Nemesis“ von 2012 auf jeder einzelnen Veröffentlichung dieser Band. Wer fleißig mitgerechnet hat, der stellt fest, dass dies nun also das vierte Caliban-Album in Folge ist, auf dem genau (!) ein deutscher Track vertreten ist – wohl nur, damit Fans wie Fachpresse Augenbrauen-hochziehend „Aber Caliban können es nicht nur auf Englisch!“ frohlocken können.

Zum neuen Callejon-Album darf man durchaus geteilter Meinung sein, auch das Underoath-Comeback „Erase Me“ ist sicherlich nicht mehr jedermanns Sache. Einem „Elements“ haben diese Werke aber voraus, dass sie aufgrund ihrer Entwicklung tatsächlich diskussionswürdig sind. Man kann solchen Bands noch so viel Kritik für Mainstream-Anbiederung oder Ausverkauf an den Kopf werfen, Fakt ist aber, dass ihre Platten eine Vision haben, die sie verwirklichen wollen. Bands wie Caliban sind hingegen die Basis dafür, dass Metalcore in den Augen vieler Hörer seit Jahren als klinisch tot gilt. Nicht ohne Grund wurde in der Promotion-Phase von „Elements“ kaum ein Wort über die Musik verloren, sondern lediglich mit der breiten Armada an Feature-Gästen geprahlt. Aber auch Sushi von Eskimo Callboy, CJ von Thy Art Is Murder, Matthias Tarnath von Nasty und noch nicht einmal Brian „Head“ Welch von Korn können dieses Fließbandprodukt von seiner unfassbar generischen Machart retten. „Elements“ beweist einmal mehr, dass Caliban das Künstlerdasein aufgegeben haben und Musikhandwerker geworden sind.

Fazit

2.7
Wertung

Wie können Fans solchen Bands eigentlich noch immer aus der Hand fressen, ohne dabei vor tödlicher Langeweile einzuschlafen? Wer Radiomusik Unkreativität und Gleichförmigkeit vorwirft, der muss Caliban schon lange boykottieren. 

Jakob Uhlig