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The British Royal Family und „The Royal Wedding – The Official Album“: Kann‘s auch ein bisschen weniger sein?

Blechbläser, Orgeln, ein grotesker und ein ganz passabler Chor. Die britische Royal Family hat sich finanziell nicht lumpen lassen und mit der Produktion von „The Royal Wedding – The Official Album“ ein großes Spektakel auf die Beine gestellt und sich dabei komplett verrannt.
Royal Wedding Cover

Dass Bands gerne auf den Putz hauen, wenn es um Musikvideos geht ist allgemein bekannt. Till Lindemann von Rammstein hat sich für das Video zu „Ich tu dir weh“ die Wange Piercen lassen, um sich ein Kabel in den Mund legen zu lassen, damit während des Videos ein besonders effektvolles Licht aus seinem Mund scheint. Den Aufwand, den die britische Royal Family macht, gab es definitiv noch nicht. Allein die Idee: Man nehme das ganze Album am Stück auf und dreht alles auf Video in einem Take ab und streamt es in die ganze Welt - wirklich mutig. Aber auch wirklich beeindruckend, wen man als Gäste für das Video gewinnen konnte: Unter anderem Elton John, David Beckham, Oprah Winfrey und mit George Clooney und Meghan Markle sogar zwei hochkarätige Schauspieler. Aber kommen wir zum Album selbst.

Auch hier hat man sich einiges einfallen lassen. Es sollte ein Konzeptalbum sein und das ist es auch geworden. Das zentrale Geschehen ist eine royale Hochzeit, genau wie im Video gezeigt. Das Genre zu bestimmen ist ein absolutes Ding der Unmöglichkeit, zu viel wird hier präsentiert.

Zum Intro stehen imposante Blechbläser bereit, die die Hauptakteure des Videos ankündigen: erst die Queen von England, die sich selbst mimt, dann die Braut des Prinzen, gespielt von Meghan Markle. Der Prinz von Wales wird von einem anderen Mitglied der Royal Family gespielt, dem rothaarigen Harry, der zumeist durch recht flegelhaftes Verhalten auffiel, wie zum Beispiel 2005, als er sich in der Uniform von Erwin Rommels Afrikacorps kostümierte, kombiniert mit einer Hakenkreuzbinde. Unvermittelt setzt ein Kammerorchester ein und spielt ein Stück von Georg Friedrich Händel, begleitet von der Opernsängerin Elin Manahan Thomas. Dies mutet an dieser Stelle etwas merkwürdig an, reißt es doch die durch die Blechbläser aufgebaute Spannung wieder ein.

Dann wollen es die Beteiligten wissen! Spoken Word soll für diesen Part das Genre der Wahl sein - ohne musikalische Begleitung. Die Rolle des Priesters wird von Dekan David Connor übernommen, dem dieses Genre offensichtlich nicht ganz fremd ist, jedoch ist seine Vortragsweise eine kleine Katastrophe. Mag es Aufregung oder was auch immer sein, doch sein Text ist vollkommen im Staccato vorgetragen, in gähnender Monotonie. Einen Flow bekommt er nicht zustande, allein das ständige Husten und Niesen aus dem Publikum, um die High Society zu vermenschlichen, ist mehr als gelungen.

Die nächste groteske Wendung lässt nicht allzu lang auf sich warten. Conner verstummt, irgendwer muss die Orgel des Schauplatzes in Beschlag genommen haben und beginnt zu spielen, während die anwesenden Gäste wie geistesabwesend gemeinsam zu singen beginnen. Was folgt ist ein steter Wechsel dieser Elemente, mit Ausnahme der hervorragenden Blechbläser, die bleiben außen vor. Markle und der Prinz haben kurze vokale Soli, aber auch das durchbricht die Monotonie des Bischofs nicht.

Doch einer kann es: der aus Amerika eingeflogene Bischof Michael Bruce Curry. Sein als Predigt getarntes Solo entzündet ein wahres Feuer und man kann bei ihm sogar echte Emotionen heraushören. Das ist stark, zumindest im Gegensatz zu seinem Vorredner Conner. Das Cover von Ben E. Kings „Stand By Me“ stellt bei der insgesamt seichten Performance auf diesem Album ein kleines Highlight dar.

Während der nächsten Spoken Word-Phase wird David Conner durch Bischof Justin Welby ersetzt. Es bleibt jedoch absolut schleierhaft, mit welcher Intention dieser Wechsel vollzogen wurde, denn auch Welby macht seine Sache kein bisschen besser als sein Vorredner, obwohl er einen anderen Stil prägt und Braut und Bräutigam mehr ins Geschehen einbezieht. Welby spricht vor und erst der rothaarige Harry, später Meghan Markle, sprechen nach. Wieder eine groteske Szenerie, so sagt der Bischof den beiden vor, wie sie sich lieben sollen. Dieser Part erinnert stark an Metallicas „Enter Sandman“, in dessen Bridge ein Nachtgebet für das Kind ertönt. Eine gute Idee zu klauen ist die eine Sache, die allerdings so plump und schwach vorzutragen, nur weil das Genre theoretisch ein deutlich anspruchsvolleres ist, das ist einfach nur abgehoben und fehl am Platz. Ein komplexes Genre macht nicht automatisch ein komplexes Stück.

Danach folgt ein kleines Streichorchester und, wie könnte es anders sein, die britische Nationalhymne. Der Abschluss wiederum ist äußerst gelungen. Das Glockengeläut mit dem Jubel des einfachen Volkes (gern auch als Pöbel deklariert), bietet den runden Abschluss eines Albums, das ein solches Finale streng genommen gar nicht verdient hätte.

Für „The Royal Wedding – The Official Album“ hat sich die Royal Family viel vorgenommen, die Umsetzung war aber alles andere als überzeugend. Viele gute, beziehungsweise passable Einzelkünstlerinnen und -künstler, dann aber die unsäglich schlechten Spoken Word-Parts und all das gekrönt vom diskutablen Thema Ehe. Harter Tobak, den man aber schon des Öfteren deutlich ansprechender sehen und hören konnte. Vielleicht hätte man Listener als Feature-Gast einladen sollen, von denen hätten sich die Herrschaften einiges abschauen können.

Fazit

2
Wertung

Zu lang, zu viel gewollt und so wirkt das Album einfach nur überladen, mit einem an Willkür grenzenden Mix aus verschiedensten Richtungen. Da kann auch das Aufgebot an Promis nicht über die Schwächen dieser Platte hinwegtäuschen.

Moritz Zelkowicz