Adam Angst und „Platz am Beton“: Knallharte Abrechnung

Die lang ersehnte Fortführung des 2015 erschienenen Self-Titled-Debütalbums der fünf Punkrocker ist ein hartes Brot. Zynischer als man es bisher schon kannte führt Felix Schönfuß das politische Weltgeschehen ad absurdum. Hier kriegt jeder sein Fett weg.
Adam Angst Platz am Beton Cover

2014 machte Felix Schönfuß wieder (weiter?) Musik. Nachdem man Frau Potz totgesagt hatte, kündigte man unter dem Namen „Adam Angst“ sowohl eine neue Band als auch das Debütalbum an. Die Kapelle setzte sich aus einigen bekannten Gesichtern zusammen. Die immerwährende Frage war aber, „was macht denn der Sänger von Escapado da?“.
Knapp drei Jahre nach ihrem Debüt melden sich Adam Angst zurück. Dass die fünf Herrschaften ein neues Werk präsentieren werden stand nicht mehr zur Debatte, als bereits letztes Jahr eine Splitsingle mit den Donots veröffentlicht wurde. „Wir werden alle sterben“ hieß der Song, den Adam Angst dazu beisteuerten. Die Donots veröffentlichten ihr Album bereits, Adam Angst ziehen nun nach. Wie auch das Debütalbum erscheint „Platz am Beton“ via Grand Hotel van Cleef.

Mit ihrer neuen Platte konfrontieren die zynisch-kritischen Punkrocker jeden Hörer gnadenlos mit der Außenwelt. Keine Comfort-Zone hält Sänger Felix' schneidender Stimme und Ehrlichkeit stand. Lauter als Bomben hört man die Seifenblasen platzen, wenn er gewohnt wütend kreischend und übertrieben ironisch mit Dauerkanzlerin Merkel („Danke, Merkel“) oder der AFD als etwas, dass er noch mehr verabscheut als Artischocken abrechnet („FCK AFD“). Allgemein begegnet einem auf „Platz am Beton“ erstaunlich oft Abscheu und Verachtung. Verbrannte Erde und Rücksichtslosigkeit wird auch in „Eimer voll Asche“ thematisiert. Ein Höhepunkt des Albums ist sicherlich der Track „Ich hab‘ jetzt 'ne Softair“, der Krieg wortgewitzt und gleichermaßen schockierend auf ein Kinderspiel reduziert.

Auf ihrer zweiten Platte begrüßen Adam Angst außerdem erstmals auch Feature-Gäste. In „Messer und Gabel“ verbirgt sich ein nicht gekennzeichneter Auftritt von Jennifer Weist - ein letzter Gruß vor der Abschiedstour und Pause von Jennifer Rostock? Und noch ein weiterer, nicht unbekannter Gast begegnet einem auf „Platz am Beton“: Ingo Donot und Felix Schönfuß wüten sich in „Wattpolizei“ in ein bis dato unerhörtes Rage-Duett über Polizeigewalt (der G20-Hintergrund lässt sich nur vermuten).

Nebst „FCK AFD“ gaben Adam Angst bereits einen weiteren Titel der neuen Platte live zum Besten. „Vicerussland“ beginnt mit einem Polka-ähnlichen Part, bevor er in klassischer Adam Angst-Brett-Manier eskaliert. Auch die Wahl des Albumcovers passt hinsichtlich des Titels und der besungenen Thematiken nahezu perfekt. Die Zerbrechlichkeit aller Dinge, ob Keramik oder System, kommt jedwedem Veränderungswunsch bereitwillig entgegen. Doch ob diese Scherben Glück bringen?

Dieses Album lädt zum Tanzen und Austicken ein. Und wenn die zu hörenden Gaststimmen auch live vertreten sind, wird das ein ganz großes Fest! Rundumschläge sind etwas, an denen manche Bands sich die Zähne ausbeißen. Für Adam Angst scheint das ein Sonntagsspaziergang gewesen zu sein. Der ist durchaus ein wenig schweißtreibender, aber das bisschen Fitness hat noch keinem geschadet. Auf ins Getümmel!

Fazit

8.2
Wertung

Dieses Album crasht alles. Durchdachter deutscher Punkrock mit der richtigen Prise Zynismus und erhobenem Zeigefinger, der sich kurz drauf zu ulkigen Fingerfiguren verrenkt. Diese Platte läuft im Auto, auf der Party, auf deinem Lieblingsfestival und beim Joggen. Und wenn die Welt dann kein besserer Ort ist, hat sich immerhin Herr Schönfuß einmal mehr mächtig ausgekotzt.

Merten Mederacke
8.4
Wertung

Auch auf ihrem zweiten Album lassen Adam Angst keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie die aktuelle Speerspitze der deutschen Punkszene bilden. "Platz am Beton" ist so eindrücklich, weil es in seiner Bissigkeit niemals den Faden verliert und trotzdem immer für eine clevere Wendung gut ist. Diese Gratwanderung gelingt auf der gesamten Platte exzellent, ganz besonders aber in "Vicerussland" und "Gegenwart".

Jakob Uhlig