Anscheinend sehr viel. Radio Havanna schaffen es als eine der wenigen Punkbands, ein gesundes Maß an Pop in ihre Lieder reinzumischen, ohne unglaubwürdig oder verstellt zu wirken. So geht „Homophobes Arschloch“ auch gut ins Ohr, bleibt da und lädt gleich zum Mitsingen ein. Weitere Vertreter dieser Sparte sind das doch eher witzige „Hassliebe“ und das vorab veröffentlichte „Anti Alles“ - das Schwelgen in der Vergangenheit mit den Liebsten, Veränderungen und die Zukunft. Vergangenheit und Zukunft sind auch Themen von „Hinter mir“ und „Phoenix“. Beide Tracks sind beide aber auch zugleich Aufruf, alles Schlechte hinter sich zu lassen und sich aus der „Asche“ zu erheben, um etwas zu ändern.
Etwas langsam vor sich trabend ist leider die Ballade „Houston“ geworden. Beim Hören hat man das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Genauso ausbaufähig ist „Schwarzfahrer“. Guter Text, aber die musikalische Umsetzung lässt das Lied leider irgendwann als nervig erscheinen.
Alles in allem ist „Utopia“ ein gut abgerundetes Werk, mit teilweise widersprüchlichen Aussagen, die hier aber nicht negativ auffallen, sondern eher den Gang des Lebens widerspiegeln. Zwischen selbstironischen Punker-Attitüden und Aufruf für politisches Engagement. Zwischen der Frage nach Veränderungen, Vergangenheit und Zukunft und dem fehlenden Elan etwas für sich selber zu ändern und zu bewegen. Bei dem Neuling von Radio Havanna merkt man ganz deutlich eine Weiterentwicklung, nicht nur mi Vergleich zu ihrem Erst-Werk „Aus der Traum“, sondern auch in Hinsicht auf den Vorgänger „Unsere Stadt brennt“. Besonders hervorzuheben sind hier die ausgereifteren Melodien und der erweiterte Instrumental-Kanon, der hoffen lässt, dass die Jungs auf der Tour eine zusätzliche Person auf der Bühne haben werden. Jemanden, der Akustikgitarre und Klavier spielen kann, um die vielseitigen Facetten des Albums auch Live und ohne eventuelle Samples wiedergeben zu können. Zwischen Liedern mit hohem Tempo und langsamen Balladen, findet man hier alles was man braucht.
„Wir atmen Zukunft, wir trinken Hoffnung auf den Brand. Tschüss alte Ordnung, herzlich willkommen Neuanfang - Jetzt sind wir da und hier ist nichts mehr wie es war, willkommen in Utopia. In einem Traum, der uns gehört haben wir zerstört, was uns zerstört“ - heißt es im letzten Refrain des Openers. Man könnte das gleichzeitig als Zusammenfassung des Albums, und als Ansage seitens der Band verstehen. Radio Havanna haben sich erfolgreich in das DIY-Business gekämpft, sich weiterentwickelt, unabhängig gemacht und sind trotzdem noch die Alten geblieben.