(Fast) sieben Brücken: Grenzüberschreitende Songs

Trotz der staatlichen Abneigung gegen West-Musik in der DDR und dem Desinteresse für Ost-Bands in der Bundesrepublik schafften es manche Songs auf beiden Seiten der Mauer, eine Wirkung zu entfalten.

DDR

Eine Sache, die außerhalb von Ostalgie-Sendungen im MDR häufig unter den Tisch fällt, ist die Popkultur der DDR. In der Bundesrepublik gab es kaum Interesse an Kulturprodukten von jenseits des eisernen Vorhangs und sie gingen nach 1990 auch kaum in den Pop-Kanon des vereinten Deutschlands ein. In der DDR hingegen war West-Musik zwar beliebt, wurde jedoch nur selten von staatlicher Seite gefördert.  
Dennoch schafften es manche Songs in beide deutschen Staaten, wie die folgenden sechs Beispiele zeigen.

Dieser Schlager über einen Urlaub auf Hiddensee war Nina Hagens größter Hit in der DDR. Was auch daran lag, dass sie nur zwei Jahre danach in den Westen emigierte. Dort lernte sie den Punk kennen und wurde als Vorreiterin der Neuen Deutschen Welle bekannt. Sie nutzte ihre Medienpräsenz, um in Talkshows Masturbationstechniken vorzuführen und später esoterisch herumzuschwurbeln. Mit „Du hast den Farbfilm vergessen“ stand zu Beginn ihrer Karriere ein Klassiker, der mehrfach von ost- und westdeutschen Bands gecovert wurde.

Aufgenommen in den Hansa-Studios, in unmittelbarer Sichtweite zur Berliner Mauer, handelt der Song von einem Liebespaar, das sich dort heimlich trifft. David Bowie spielte „Heroes“ auch 1987 bei einem Konzert vor dem Reichstagsgebäude. Da man es von der Ostseite der nahen Mauer aus mithören konnte, versammelten sich dort viele, vor allem junge Menschen. Es kam zu Ausschreitungen, als die Polizei die Menge auflösen wollte. Nach Bowies Tod 2016 tweete das Auswärtige Amt deshalb, er habe geholfen, die Mauer zu Fall zu bringen.

Wahrscheinlich ist dieser etwas schmalzige Durchhaltesong vielen eher in der Version von Peter Maffay bekannt. Da die DDR-Stars Karat nicht im bundesdeutschen Fernsehen auftreten durften, wurde dort vor allem Maffays Cover gespielt. 1990 nahmen die beiden Interpreten eine gemeinsame Version auf. Weitere Coverversionen stammen übrigens unter anderem von Helene Fischer, den Puhdys und Scooter.

Schon in den 70ern wollte Udo Lindenberg Konzerte in der DDR geben. Allerdings weigerten sich die dortigen Behörden, den Rockmusiker auftreten zu lassen. Als Reaktion auf diese Ablehnung schrieb er einen Text, in dem er „Honey“ die Idee des Konzerts bei einem Umtrunk erläuterte, was den echten Erich Honecker durchaus verärgerte. Dennoch konnte Lindenberg wenig später einen Auftritt im Rahmen eines FDJ-Festivals spielen. „Sonderzug nach Pankow“ war jedoch nicht auf der Setlist.

Im wahrsten Sinne des Wortes ein grenzüberschreitender Song: Die Split-LP „DDR von unten“, auf der er zu finden ist, wurde heimlich eingespielt und anschließend in den Westen geschmuggelt und dort veröffentlicht. Ironischerweise gelang dies nur durch die Stasi-Tätigkeit mehrerer Beteiligter. Während auf der A-Seite Zwitschermaschine experimentellen Art-Punk machten, gab es auf der B-Seite von Schleim-Keim (unter dem Pseudonym Sau-Kerle) auf die Fresse. Es blieb das einzige offiziell veröffentlichte Zeugnis der Punkszene in der DDR. 

Der letzte Song dieser Liste ist die „Hymne der Wende“. In der Powerballade verarbeitet Klaus Meine seine Eindrücke der Veränderungen im Ostblock unter Michail Gobartschow und seiner Perestroika-Politik. Bis heute ist „Wind of Change“ die erfolgreichste Single aus Deutschland aller Zeiten. Meine schätzt, dass 15 Millionen Exemplare verkauft wurden. Zudem gibt es den Song auch auf Russisch und Spanisch, mehrere akustische Versionen sowie ein Boxset, dass die Band zum 30. Jubiläum der Wiedervereinigung dieses Jahr veröffentlichte.