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Meat Wave – The Incessant Review

Mit „The Incessant“ haben Meat Wave eine Form von Noise Punk geschaffen, deren Spielfreude, Begeisterung und sogar Tanzbarkeit nur selten da gewesen ist.

Immer mal wieder stellt uns die Musik vor Herausforderungen und Probleme, die zunächst unlösbar erscheinen. Künstler finden ständig neue Wege, unsere Ohren mit neuen Stilen oder Genre-Kombinationen zu beeindrucken, unser Hörverstehen neu zu definieren und musikalische Denkweisen voranzutreiben. Ein besonders harter Brocken war da etwa der Noise Rock: Mit Beginn der Achtziger etablierten vor allem die New Yorker Sonic Youth einen für die Rockmusik völlig neuen Begriff von Songwriting, der auf der Verneinung sämtlicher harmonischer Verbindungen und damit sogenannter „Atonalität“ basierte. Das Dröhnen der unheilvoll kreischenden Gitarren hallt bis heute in modernen Genre-Vertretern wie den Kanadiern METZ nach, der Genuss dieses komplizierten Sounds fällt vielen aber immer noch schwer. Abhilfe könnten da vielleicht Meat Wave aus Chicago schaffen: Das Trio kombiniert Noise mit einer Mischung aus punkiger Rotzigkeit und Melodien aus dem Alternative und erschafft so Musik, die dröhnt, scheppert und knarzt, dabei aber trotzdem verdammt groovend und eingängig ist.

„The Incessant“, die nunmehr vierte Veröffentlichung der Band, setzt dabei vor allem auf ein instrumental rohes Ungetüm aus an der Grenze zur Übersteuerung stehenden Gitarren, einem krachend tosenden Schlagzeug und der herrlich unsauberen, aber deswegen umso exzentrischeren Stimme von Sänger Chris Sutter. Die Melodien der Songs kehren dabei aber dem völligen Chaos den Rücken und erzeugen so ein Gerüst aus Harmonie und Rhythmus, das unglaublichen Spaß macht. Die meist unter zwei Minuten kurzen Songs weisen eine beeindruckend vielfältige Stimmungspalette auf: Während sich „No Light“ etwa fast bis zum Schluss minimalistisch reduziert und bedeckt hält, entfesselt „Mask“ in nur 50 Sekunden die totale Eskalation. Dennoch ist das Spiel mit repetierenden Tönen in fast allen Songs das einende Element, welches die Band in Tracks wie „To Be Swayed“ oder „Run You Out“ fast in die totale Monotonität treibt, um dann umso wirkungsvoller wieder die Melodik zurückzubringen. Mit „The Incessant“ haben Meat Wave eine Form von Noise Punk geschaffen, deren Spielfreude, Begeisterung und sogar Tanzbarkeit nur selten da gewesen ist. Das Trio aus Chicago drückt einer musikalisch schwierigen Grundlage ihren ganz eigenen Stempel aus und schafft so eine Platte, die in ihrer Gesamtheit eigentlich keinen Anflug von Lebensfreude aufkommen lässt, durch akustische Raffinesse aber trotzdem einen ungeahnten Genuss erzeugt.