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Vater, Mutter, Sohn: So entsteht eine Schallplatte

Der Vinyl-Boom der letzten Jahre hat konsequenterweise auch dazu geführt, dass die altehrwürdige Kunst der Schallplattenherstellung wieder voll in Mode ist. Wir geben einen kurzen Überblick, wie der Prozess im Presswerk vonstattengeht.
Vinyl

Am Anfang einer jeden Schallplattenproduktion steht – das ist nur logisch – die Konzeption und Aufnahme der Songs selbst. Doch bereits hier wird es notwendig, erste Schritte zu tätigen, wenn man plant, sein Album auch auf Vinyl herauszubringen. Wer seiner Schallplatte den optimalen Sound verleihen will, der kann nicht einfach das für etwaige CD- oder Digital-Ausgaben Mastering verwenden, sondern fertigt für die Schallplatte noch einmal eine Extraversion an. So können alle erreichbaren Frequenzen und die generellen physischen Eigenschaften des anderen Mediums optimal genutzt werden.

Ist das klangliche Datenmaterial fertig, wird daraus eine sogenannte „Master Disc“ – auch „Vater“ genannt – hergestellt. Dies geschieht durch eine Schneidemaschine, die den Klang der Songs förmlich in das Material hineinritzt. Es ist die spezielle Magie eines analogen Mediums, dass das für uns so vergängliche und ungreifbare Phänomen eines Tons plötzlich eine sichtbare Komponente wird. Bei Platten mit mehr als einer Seite müssen entsprechend mehrere solcher Vorlagen hergestellt werden. Die fertigen Väter werden schließlich noch zurechtgeschnitten und galvanisiert, es wird also aus den momentan aus Lackfolie entstehenden Vorlagen ein Metallobjekt hergestellt. Theoretisch ließe sich hieraus bereits eine Schallplatte pressen, doch dann müsste man gegebenenfalls den gesamten Anfangsprozess wiederholen, wenn am Vater Schäden vorliegen würden. Deswegen wird durch erneute Galvanisierung zunächst eine „Mutter“ gezogen, die ein Positiv vom Ursprungsobjekt ist. Dieses wird dann erneut galvanisiert, der daraus entstehende „Sohn“ ist die eigentliche Pressvorlage.

Schließlich kommt es dann zum Pressvorgang. Das Herstellungsmaterial von Schallplatten ist Polyvinylchlorid, das auf etwa 130 Grad erhitzt werden muss und dadurch eine weiche Konsistenz bekommt. Der mit „PVC“ abgekürzte Kunststoff findet noch in zahlreichen anderen Bereichen unseres Lebens Anwendung, etwa als Bodenbelag. Erhält die Platte Etikette, so werden diese vor dem Pressvorgang bereits auf das Material aufgesetzt. Die Söhne werden für A- und B-Seite dann jeweils auf einen Stampfer angebracht, der die Rillen unter enormem Druck auf das Material presst und gleichzeitig die Etiketten verklebt.

Der technische Aufwand dieses Verfahrens verdeutlicht, warum Vinyl-Herstellung eine ganz besondere Herausforderung und kaum vergleichbar mit der Entstehung einer CD ist, die theoretisch auch jede Band zuhause brennen kann (wenngleich natürlich Ergebnis und Verfahren auch hier ganz anders als bei einer professionellen Produktion sind). Deswegen verdeutlicht der Aufwand einer Plattenpressung auch, was für ein einzigartiges Produkt eine Schallplatte gerade für kleine Künstler*Innen immer noch ist.