Als Band bei einer Castingshow: Mein Bericht

2018 nahm ich mit meiner damaligen Pop-Punk-Band bei der Castingshow X Factor teil. Warum wir das gemacht und wie es war - das erfahrt ihr in diesem Bericht.

Von 2015 bis 2020 war ich Bassist der Düsseldorf Pop-Punk Band „Eleveta“. Wir waren keine Fremden, wenn es um Contest-Formate ging. Auch wenn ich nun mit etwas Abstand anders darüber denke, waren Contests für uns wunderbare Möglichkeiten Shows zu spielen, Geld zu gewinnen oder große Hallen zu bespielen. So standen wir im Rahmen des Westdeutschen Finales des Emergenza Bandcontests 2017 auf der Bühne der Live Music Hall, die auch außerhalb von Köln bekannt sein könnte. Also einer Venue, die ich normalerweise als zahlender Gast besuche, um meiner Lieblingsbands zu sehen.

2018 startete wieder X Factor im Fernsehen und zum ersten Mal war es auch Bands möglich, daran teilzunehmen. Vor allem unser Sänger war schon immer Castingshow-Fan, weshalb wir uns für eine Audition in Köln anmeldeten. Bald darauf bekamen wir eine Zusage und wurden eingeladen, vor einer Jury mit Expert:innen aus der Branche drei Songs zu performen. Vorneweg wurde uns aber schon gesagt, dass wir bitte zwei Cover zeigen sollten, weshalb wir mit den Backstreet Boys und *NSYNC (beides als Pop-Goes-Punk getarnt) und einem eigenen Song die Audition spielten. Anscheinend war die Jury von uns angetan, den noch am gleichen Tag mussten wir erste Fragbögen ausfüllen, Szenen drehen, bekamen eine Produzentin an die Hand und hatten einen Termin mit der Musikproduktion, die uns ans Herz legte, die Boyband-Nummer weiterzufahren. Goodbye eigene Songs. Um es kurz zu machen: Wir kamen in die Shows und durften vor der echten Jury mit Sido, Thomas Anders, Jennifer Weist von Jennifer Rostock und Iggy von Lions Head eine Pop-Punk-Version von "Tearin‘ Up My Heart" performen. Und ja – ich weiß bis heute nicht, wer dieser Iggy von Lions Head sein soll…

Der Drehtag war unglaublich aufregend. Es ging früh los, da es Soundchecks gab, Interviews geführt wurden und Einspieler gedreht werden mussten. Das Produktionsteam vor Ort kümmerte sich aber liebevoll um alle und man fühlte sich sehr wohl. Die Anspannung stieg, als es immer später wurde und die Auftrittszeit näher rückte. Man spielte ja nicht nur vor der Jury, sondern auch einem vollen Saal mit Publikum, die einen guten Act nach dem anderen sahen. Die eher Durchschnittlichen oder weniger Passenden wurden ja bereits bei den Vor-Castings aussortiert. Wir kommen also auf die Bühne und spielen "Tearin‘ Up My Heart". Wir mussten den Song auf unter 2 Minuten kürzen aber kommen gut durch. Dem Publikum scheint es zu gefallen, doch tut es das auch der Jury? Um weiterzukommen braucht es nun drei von vier „Ja“-Stimmen. Doch schnell wird klar – Das wird nix. Sido will uns kein „Ja“ geben, da der Gesang zu doll vom Original abweicht, was zugegebenermaßen auch ein bisschen der Sinn war. Thomas „Modern Talking“ Anders ist auch nicht beindruckt. Als einzige Rockerin kriegen wir ein „Ja“ von Jennifer Weist - Grüße gehen raus.

Also war jetzt alles umsonst? Im Fernsehen von einer Jury abgeschmettert zu werden, ist auf jeden Fall hart und auch wenn es im Vorfeld klar sein sollte, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man früher oder später bei so einem Format rausfliegt, sehr hoch. Deswegen sollte man sich klar machen, warum man teilnimmt. Wir haben mehr aus Spaß als Ernst teilgenommen. Einfach mal mitmachen, hinter die Kulissen schauen und hören, was Sido als Rapper über Sänger zu kritisieren hat. Trotzdem so viele Augen im Raum und potenziell hinter den Fernsehschirmen auf sich zu haben, bringt einigen psychischen Druck mit sich. Gleichzeitig kann aber der professionelle Input so einer Produktion eine:n als Band voranbringen und nochmal neue Impulse mit sich bringen. Wie vermarkten wir uns? Wie ist unser Bild nach außen?

Unser Auftritt ist übrigens nie ausgestrahlt wurden, sodass außer ein paar Frames von mir im Trailer der Show nix außer eine Geschichte geblieben ist. „Hey wusstest du, dass ich mal bei X Factor war?“