Smile and Burn im Privatclub Berlin: Was fürs Herz

"Dieses Stück Hoffnung" - der Song von Smile and Burn passt gut zu ihrem eigenen Konzert in Berlin, welches so fast nicht stattfinden konnte. Diverse Verschiebungen und gecancelte Auftritte wegen unzureichender Ticketverkäufen ließen den Abend durchgehend auf der Kippe stehen. Allein deswegen war er etwas Besonderes. Dass es dann noch so großartig wurde, macht es nahezu perfekt.

Ach ja, ich habe es wirklich vermisst. Also diese Kurztrips, nur um sich in einem Winzclub ein verschwitztes Konzert anzugucken und danach in einen Flixbus zu setzen, um komplett fertig, stinkend und unfassbar happy wieder nach Hause zu kommen, während draußen bereits die Sonne aufgeht. So ungefähr sah es bei mir am 22. August 2022 aus. Denn nach diversen Verschiebungen konnte im Privatclub in Berlin endlich das Konzert von Smile and Burn stattfinden. Was man nun vorne rum nicht sieht, es ist ein wirklich besonderes Konzert für mich, aber sicher auch die Band. Ein großer Brocken der Tour konnte wegen zu wenigen verkauften Tickets nämlich nicht stattfinden und eigentlich hätte ich am Ursprungsdatum auch keine Zeit gehabt. Durch die letzte Verschiebung konnte ich es nun aber doch einrichten und bin mit meinem 9-Euro-Ticket nach Berlin gefahren, um abends im Privatclub aufzuschlagen

Und wie schön dunkel es da drin ist, meine Kamera sucht jetzt noch den von mir bestimmten Fokuspunkt mit einer Lupe. Aber egal. Angekommen, Getränk bestellt, Shirt gekauft (für Platte war leider kein Platz mehr) und dann kurz gewartet, bis Shellycoat aus Hamburg auf der Bühne stehen und das Aufwärmprogramm darstellen. Dabei hätte es nicht mal eines gebraucht, denn auch ohne die sympathische Vorgruppe hat es viel zu viel Grad im kleinen Kabuff. Shellycoat spielen ihr Set souverän runter und die immer zahlreicher werdende Masse vor der Bühne feiert es ebenfalls immer mehr ab. Dieser energetische Punkrock regt auch einfach stark zum Tanzen an und auch erste Moshpits entstehen bei den breakdownartigen Passagen. Alles in allem ein gelungener Support, in welchen man gern mal reinhören kann!
 

Dann aber zum Mainact. Smile and Burn starten überraschend mit zwei englischen Songs. Seit zwei Alben haben sie sich ja eigentlich davon verabschiedet und ausschließlich Deutsch gesungen, was die englischen Titel natürlich nicht obsolet macht. Ich habe es aber trotzdem so nicht erwartet. Auch die Masse, die sich dicht am „AUSVERKAUFT“-Schild bewegen dürfte, taut schnell auf und als dann mit „Zünde Mich An“ der dritte Song erklingt, explodiert der Club in Ekstase und nicht endenden Moshpits. Es folgen mehr als 20 (?) Songs und oh Mann, wie gut das alles ist. Egal ob Deutsch oder Englisch, ruhig oder bretthart, die Masse ist voll dabei. Egal ob beim melancholischen „Morgen anders“, dem Anti-Anti-Song „Scheißsystem“ oder dem wohl besten Song der Band „Zubetoniert“. Bei Letzterem, der auch eigentlich das Set abschließen soll, zerspringt dann alles in tausend Teile und die Energie, die hier freigesetzt wird, könnte uns wohl alle über die nächsten drei Energiekrisen bringen. Aber warum ‘eigentlich abschließen‘? Nun ja, die Gruppe hat das Credo, Songwünschen nachzugehen. Der Song nennt sich „Computer Spielen“ und dürfte der wohl hirnloseste (lieb gemeint) und härteste Song der Berliner sein. Mittlerweile bin ich sehr beeindruckt davon, wie die Menschen selbst nach 90 Minuten immer noch so sehr mitmachen können, vor allem weil die ersten vier Reihen seit dem ersten Song keine Pause gemacht haben. Selbst ich, der eigentlich nicht mehr in Pits geht, seitdem ihm mal fast der Kiefer gebrochen wurde, musste ein paar Mal einfach ins Getümmel. Ja, mit Kamera, nichts passiert, alles ganz. Danach noch kurz das Shirt wechseln, damit mich die anderen Flixbusgäste nicht komplett hassen und irgendwann gegen halb 5 ins Bett fallen und zu wenig Schlaf bekommen.

Mann krass, ich hab vergessen wie sehr ich solche Kurztrips liebe und mir war überhaupt nicht klar, wie sehr ich mal wieder einen gebraucht habe. In meiner Heimatstadt auf ein Konzert zu gehen ist schon cool. Kein langer Heimweg, früh im Bett und sogar schnell noch duschen. Aber woanders sein, nicht mal wissen was man nun vorher noch macht oder ob man den Bus zurück überhaupt schafft, hat so eine Art Faszination, die mir jetzt noch das Lächeln ins Gesicht zaubert. Der Tag war einfach schön und das Konzert war die Kirsche ganz oben drauf, denn nicht nur war es eines, welches ich bzw. fast niemand eventuell nie gesehen hätte, auch war es purste Ekstase und einfach 90 Minuten fantastische Unterhaltung ohne Atempause, ohne Downer, ohne irgendwelche Gedanken an Morgen. Und genau dafür liebe ich das alles so sehr!