Ermüdungserscheinungen machen sich breit. Mal im Ernst, am ersten Tag kommt man ins Pressezelt ist absolut euphorisch und voller Energie und jetzt? Zumindest ich hänge eher wie ein nasses Handtuch über der Bierbank, als dass ich wirklich wach bin. Wie es den anderen geht, mag ich hier nicht mutmaßen. So gucke ich mir ein paar interessante Vorträge an, welche es ebenfalls jeden Tag gibt, nippe am Kaffee und werde munter.
Der letzte Tag ist nämlich auch der Tag, an dem ich am meisten sehen und erleben will. Vor allem der Block mit Love A, Akne Kid Joe, Captain Planet und Adam Angst lässt mich die Ibu 400 mit Vorfreude schlucken. Den ersten Fuß auf das Infield setze ich dann aber erst wieder als Messed Up spielen und meine Güte, ist das emotional. Sie sprechen darüber, dass sie nicht mehr in ihre Heimat, also Belarus können, singen von Widerstand und halten trotz der kleinen Sprachbarriere Brandreden über Heimweh, Unzufriedenheit, Missbrauch und viel Wut, das hittet anders. Hier fangen dann aber die technischen Probleme an, die sich länger ziehen sollen, leider auch solche, welche kurzerhand den ganzen Ton killen. Aber wisst ihr was? Das ist dem Publikum erst mal nicht so wichtig, dann singen die halt lauter. Ich fand das schade, hab es aber gleichzeitig ziemlich geliebt, dass hier so gut reagiert wurde.
Dann hieß es eben mal ein paar Oi-Band Namen erfinden im Camp, während im Hintergrund die Produzenten der Froide spielen. Oi ist nicht so mein Fall, daher nehme ich mal etwas Camp-Bespaßung mit und höre mir dann während des täglichen Durchprobierens der Fressstände Marie Curry an, die durchaus viel Spaß macht. Danach ging es jedoch rüber zu Krav Boca, ich habe über den Tag ungefähr 8 Aussprachen für diesen Namen gehört und weiß weiterhin nicht, welche richtig ist. Und ey, was passiert hier gerade? Erstmal hauen die hart rein, etwas Moscow Death Brigade in anderer Sprache. Soweit so normal. Dann wird aber ein goldener Mann angezündet, welcher aussieht, als wäre er aus Pans Labyrinth gefallen, jemand sprüht Funken mit einer Kreissäge, die er sich an sein eigenes Kettenhemd hält und währenddessen springen die noch rum wie Flummis und können durch ein paar Probleme nicht mal ihr ganzes Set abfeuern. Wir aus dem Fototeam gucken uns regelmäßig sprachlos an, während alle zu Love A rüber wackeln und ab hier enden meine Ruhepausen bis zum Headliner in Gänze.
Deswegen halte ich mich bis zu diesem so kurz, wie es geht. Love A bzw. Jörkk Mechenbier und Band sind absolute Witzbolde, skurrile Geschichtenerzähler und Sympathiebolzen. Jörkk erzählt von seinem Ferrarierennfahrer-Outfit, dass er sogar dabei hat, am Ende steht er in genau diesem am Bierstand und guckt sich Akne Kid Joe und Captain Planet an. Ein absolutes Best Of Love A Set gibt es obendrein. Akne Kid Joe mit zweiter Releaseparty ihres neuen Albums „4 von 5“ bieten nicht nur einen ultralustigen Moment, als sie ihren Hitsong „RiP“ bzw. „RaR“, je nachdem auf welches der beiden überhypten Festivals man jetzt gehen muss, in „Rock am Berg, wir sind die Coolsten bei Rock am Berg“ umdichten. Dazu wird hier der ganze Rest Pyro und Rauch gezündet, vor allem bei „What AfD thinks we do…“, wo es im Publikum kurz aussieht wie bei einem Fußballderby. Captain Planet, wie so oft super sympathisch, sehr wortkarg, dafür aber äußerst dankbar und ein Dave, der für „St. Peter“ wie auf Adrenalin in den Moshpit rennt und dort das einzige Mal ohne Kamera pogt.
Am Schluss Adam Angst, als letzter Headliner des Festivals, die letzten 70 Minuten auf der Mainstage und was für krasse Minuten das sein sollen. Adam Angst sind für mich eine Band, welche Live um Welten besser sind. Nicht, dass sie auf der Platte schlecht klingen, aber wenn knapp 3000 Leute brüllen, was der Teufel sagt, dann ist das schon besser! Im Kern ist das Set wie das der letzten Tour, nur fest mit „Schrei nach Liebe“ im Gepäck, was du in Thüringen halt auch besser singen solltest! Und was für eine Energie überall, dazu den wohl größten Moshpit, den dieses Festival jemals gesehen hat. Ich für meinen Teil, gucke die Hälfte des Sets übrigens von der Treppe, die zum „Rock am Berg“ Schriftzug führt, trinke erneut eine Limo und lassen mal eben die letzten Tage Revue passieren, das war schön. Dann geht es ins Zelt, Björn Peng schaffe ich nicht mehr, auch wenn ich dann im Camp noch leicht heiser „Einzelfall“ mit brülle, ein Song, welcher mit Beckx und vor allem Torsun aufgenommen wurde. Relativ schnell falle ich in einen guten und tiefen Schlaf, am nächsten Tag geht es früher raus, denn wir wollen schnell los, bevor der ganze Trubel das auch macht.
Highlight des Tages: „St. Peter“ von Captain Planet. Zitat ich, als ich meine Kamera zur Aufbewahrung abgab „ICH HABE DAS GANZE FESTIVAL AUF DIESEN SONG GEWARTET!“
Überraschung des Tages: Messed Up, die Verrücktheit von Krav Boca und die Pyros bei AKJ
Stimmung: Letzte Energie, also Auswringen des nassen Handtuches und nochmal rumlaufen, ging okay, fragt nicht, wie komatös ich in meinem Bett gepennt habe.