Konzertbericht: Pascow in Marburg

Pascow eröffnen ihre Releasetour zum neuen Album "Sieben" heute Abend im Marburger KFZ. Als Support haben sich die Punks aus Gimbweiler für die ersten drei Shows der Tour The Bloodstrings in den Bus gepackt.

Erst am vergangenen Freitag erschien ihr neues Werk "Sieben", welches große Teile der Album der Woche-Redaktion sowie viele andere Medien und Hörende begeistert. Zur Releasetour fahren Pascow in den kommenden Wochen mit verschiedenen Supportacts quer durch die Bundesrepublik. Den Auftakt zu dieser Reise gibt es heute Abend im KFZ in Marburg an der Lahn, welches bereits einige Tage vor der Show "AUSVERKAUFT!" vermeldet hat und vor dem sich eine gute Stunde vor Konzertbeginn eine lange Reihe von Menschen gebildet hat. Während die früher angereisten bereits im Merch der beiden Bands stöbern, zeigt sich für die Wartenden Marburg wieder einmal unbarmherzig kalt und nass.

The Bloodstrings eröffnen den Abend pünktlich um 20:30 Uhr. Die selbstbetitelte Punkabilly-Band aus Aachen schafft es schnell das vor allem im Bereich vor der Bühne zu Beginn verhalten agierende Marburger Publikum aufzutauen. Die Reihen füllen sich, die letzten Löcher vor der Bühne verschwinden und es wird zeitig zu Tanzen begonnen. Auf der Bühne gefallen The Bloodstrings mit untypischem Kontrabass sowie dem zwar weiblichen, aber keineswegs leisen Gesang von Frontfrau Celina Baluch.

Seien es die vermeintlich langsameren Nummern (die vergleichsweise eigentlich immer noch schnell sind) oder die wirklich als schnelle Titel anmoderierten: Es werden wichtige Themen angegangen. Um das zu untermauern, weist Celina explizit auf fehlende Diversität oder Rassismusprobleme in der Szene hin und erntet damit Applaus in der Lahnstadt. Während die Band den gesprochenen Worten auch musikalische Taten folgen lässt, ist auf der Bühne dauerhaft etwas los. Während Manuel auf der rechten Seite der Bühne gerade noch ein Gitarrensolo zum Besten gibt oder Nick zu seiner Rechten seinen Kontrabass bearbeitet, springt Celina dazwischen mehr von links nach rechts als dass sie still steht. Dass sie während dem Konzert selbst zugibt, nach der klassischen Völlerei zum Jahresende noch mit der Kondition zu kämpfen, hinterlässt einen komplett sympathischen Eindruck der ganzen Band.

Pascow selbst geben sich dann von Anfang an bodenständig. Kaum haben The Bloodstrings die Bühne von Schlagzeug und Kabelkram befreit, tauchen die Musiker aus Gimbweiler höchstpersönlich auf, um beim Aufbau ihrer Sachen zu helfen und die Instrumente zu stimmen. Bekannte Gesichter vor der Bühne werden begrüßt und geherzt und wenige Minuten später geht das Licht aus und die sieben Striche, passend zum Cover des neuen Albums, leuchten hinter den Drums auf. Pascow eröffnen ihre Show genau wie ihr Album mit "Himmelhunde" und ein Blick durch das Marburger KFZ offenbart, dass dieses mittlerweile nicht nur bis zum Rand gefüllt ist, sondern sich wirklich alle Altersklassen hier eingefunden haben, um das neue Album von Pascow willkommen zu heißen. Ebenfalls mit in der Reisegruppe Pascow befindet sich Hanna Landwehr, die die auch auf den Alben von Sängerinnen gesungenen Parts in "Königreiche im Winter" sowie "Silberblick & Scherenhände" übernimmt. Darüber hinaus bringt sie sich auch immer wieder in die anderen Tracks ein und legt mit "Wunderkind" sogar eine Einzelperformance mit Gitarre hin. Ein besonders emotionaler Moment.

Wie es sich für eine Releasetour gehört, finden viele Songs von "Sieben" ihren Weg in die Setlist. Sei es "Monde", "Grüßt Eve", "Gottes Werk und Teufels Beitrag" oder "Mailand": Die Gäste in Marburg sind vorbereitet und haben in den fünf Tagen zwischen Release und dem heutigen Konzert tatkräftig Texte gepaukt. Die Folge dessen ist, dass nicht nur während des gesamten Auftritts beinahe alle Menschen zwischen Bühne und Mischpult durchdrehen (dahinter und am Rand kann man zwischendurch mal Luft holen), sondern auch dass der Band dauerhaft eine Stimmgewalt entgegen schlägt, die sie erst einmal übertönen muss. Ergänzt wird die heute ganze 25 Songs umfassende Setlist mit Klassikern und sonst selten live gespielten Nummern von Pascow. So füllen unter anderem auch "Jade", "Kriegerin", "Diene der Party", "Castle Rock", "Mond über Moskau" und viele Weitere Lieder die Lücken zwischen den neuen Sachen von "Sieben".

Was sich neben den immer wieder aufkeimenden "Saarland asozial!" Rufen aus dem Publikum leider durch die gesamte Show zieht, sind technische Probleme. Mal streikt das In-Ear, mal bleibt Alex' Gesang ungehört ("... und wieder ist was kaputt. Ich glaub das jetzt nicht"). Marburg lässt sich die Laune dadurch nicht verderben und nutzt die zum Glück überwiegende Zeit, in der alles glatt geht, ausgiebig zum Stagediven. Dass dabei auch mal ein Schuh auf der Bühne liegen bleibt, wird als Risiko des Spaßes in Kauf genommen. Eine weitere Besonderheit des Abends ist der Aufruf durch einen Zuschauer zur Demo gegen Olaf Scholz, der am morgigen Donnerstag die Stadt an der Lahn besuchen wird. "Ich zähle auf euch!" - und das gibt Applaus. Den mit Abstand lautesten Applaus heute Abend verdienen sich allerdings Pascow selbst, die mit "Too doof too fuck", "Von unten nichts Neues", einem Cover von "White People for Peace" (Against Me!) sowie "Trampen nach Norden" ein Set beenden, in dem nicht immer alles glatt lief. Wer allerdings eine so energische Show hinlegt, die zwischen viel Bewegung auf der Bühne bis hin zur gelungenen Symbiose mit den Menschen davor alles zu bieten hatte, widersetzt sich der Technik und liefert kompromisslos ab. Und genau das haben Pascow heute Abend getan.