Konzertbericht: Franz Ferdinand in Hamburg

Franz Ferdinand spielen ihre erste Europa-Tour seit dem Ausstieg von Nick McCarthy – und sind sichtlich müder geworden.

Man weiß nicht so richtig, ob man Alex Kapranos‘ knalliges Leoparden-Sakko als hängengebliebene Geschmacksverwirrung oder ironischen Sidekick auf die 80er verstehen soll. Fakt ist aber in jedem Fall: Der inzwischen auf dem Schopf ergraute Sänger sieht am heutigen Abend nicht nur deswegen irgendwie alt aus. Eigentlich steht das schottische Quintett ja wie kaum eine andere Band für die hemmungslos zappelige Indie-Welle der frühen 2000er, heute wirken Kapranos und Konsorten aber eher so, als hätte sie ebenjene Zeit eine Menge Kraft gekostet.

Geht man aber der Reihe nach, dann beginnen die Leoniden, die sich diesen gewaltigen Support-Slot wirklich mehr als verdienen. Frontmann Jakob Amr vermerkt nicht ganz ohne Ehrfurcht in der Stimme, dass das Mehr! Theater die wohl größte Bühne hat, die die Kieler je bespielt haben. Das merkt man der Performance gerne mal an, wenn die Band ihre riesige Spielwiese kaum nutzt und stattdessen lieber zusammengepfercht in der Mitte der Stage steht, als würde das Konzert doch im Knust stattfinden. Trotzdem: Von ihrer unfassbaren Energie büßt die Band auch vor der riesigen Kulisse kein Stück ein. Gitarrist Lennart Eicke wirbelt sein Instrument so wild umher, dass man sich durchaus um die Sicherheit des Publikums sorgen machen muss. Und auch im verkürzten Set setzen die Leoniden nach „1990“ zu ihrem mittlerweile beinahe legendären Jam an, der nicht nur die unglaubliche Kreativität und Musikalität dieser Band unter Beweis stellt, sondern sich auch noch verdammt gut anhört.

Leoniden Hamburg

Und dann kommen Franz Ferdinand auf die Bühne spaziert, beginnen ihr Set mit dem Titeltrack ihrer aktuellen Eher-Mittelmaß-Platte „Always Ascending“ und spielen den so kraftlos und hölzern, wie ihr neuestes Album leider auch im Gesamtkonstrukt wirkt. Zu tanzen traut sich da keiner wirklich. Wenn Kapranos die großen Gesten sucht wirkt er eher wie ein Schauspieler, der heute absolut keine Lust auf seinen Job hat. Ganz so verhalten bleibt die knapp 100-minütige Show zum Glück nicht durchgängig, man kann die Reaktionen des Publikums aber erschreckend genau nach der Formel „je älter der Song, desto besser“ sortieren. Und selbst bei eigentlich unaufhaltsamen Evergreens wie „Take Me Out“ wirken die Tanzeinlagen der Fans meist gezwungen, weil diese sich wohl gleichzeitig einreden müssen, dass hier die ausgeflippten Franz Ferdinand von vor einigen Jahren spielen. Bei manchen schlagen da durchaus die Gefühle um, etwa bei einem Fan, der statt „Zugabe“-Rufen schlussendlich lieber „Wir wollen die Vorband sehen!“ skandiert. Zurück kommen aber natürlich trotzdem die Briten, die sich mit einem der ältesten Tricks des Konzert-Einmaleinses dann doch noch etwas Eskalation erhaschen. Gerade als sich das Publikum zum Closer „This Fire“ nach kollektivem Hinsetzen gleichzeitig zum gemeinsamen Aufspringen hinreißen lässt, wirkt es so, als könnte man doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss kommen. Und dann fällt auf diesem absoluten Höhepunkt der Show plötzlich die PA aus. Irgendwie bezeichnend.