Konzertbericht: Antilopen Gang in Marburg

Die Antilopen Gang lädt an einem Dienstagabend mit Supportact Amewu ins Marburger KFZ ein. Vor ausverkauftem Haus gibt es brachial schnellen Rap und die bekannte Mischung aus Wahnwitz und Punkrock zu bestaunen.

Es ist (mal wieder) nasskalt in Marburg an der Lahn. Der Fluss, der im Rothaargebirge entspringt und sich seinen Weg durch die Universitätsstadt bahnt, wird im Verlauf des Abends noch eine große Rolle spielen und fast zur Revolte des Publikums führen. Attraktiv werden Konzerte im KFZ durch die verschwimmende Grenze zwischen doch recht großer Konzertlocation und einer gewissen Nähe zum Künstler. Selbst die letzte Reihe ist nah dran und genießt den Luxus des Anlehnens und den kurzen Weg zur Bar. Wer sich vor dem Mischpult einfindet, ist dafür umso näher dran an immer wieder namhaften Künstler:innen, die die Stadt besuchen und im KFZ eine Bühne finden. Heute Abend ist es die Antilopen Gang, die bereits lange vorher ausverkauft meldet und das KFZ schon zum Supportact Amewu mehr als gut füllt.

Amewu ist ein Hip-Hop-Künstler aus Berlin, der von Danger Dan auf der Bühne vor seinem Auftritt nicht nur als guter Freund, sondern als einer der besten deutschen Rapper des Landes betitelt wird. Er unterhält das Marburger Publikum heute lediglich mit seinem Drummer und den Beats, die in Kombination durch den Club wummern und die Hände in die Höhe schnellen lassen. Seinen eigenen Auftritt betitelt Amewu zwar als "ernstes Set mit ernsten Themen", er ist für Späße mit den Leuten aber doch zu haben. So fordert er das Publikum zu Multitasking-Mitmacharbeit aus Handbewegungen und Kniebeugen im Takt auf oder startet den Versuch, die Leute eine extrem schnell gesprochene Hook mitmachen zu lassen. Da das erwartungsgemäß im Chaos mündet wird der Anteil des Publikums solange reduziert, bis nur noch ein einfaches Wort übrig bleibt. Apropos schnell: Es ist vor allem Amewus Tempo, welches die Leute schmunzeln und staunen lässt. Am Ende des Auftritts stellt er selbst fest, dass das Set genauso schnell vorbei ist wie es begonnen hat, packt aber zum Abschluss noch einen Part aus, in dem er jeglichen Vorurteilen gegen Migranten und Hautfarbe vulgär den Mittelfinger zeigt. Marburg dankt es mit lautstarkem Applaus.

Amewu

Als die Antilopen Gang schließlich nach ihrem Intro "Should I Stay Or Should I Go" die Stage betritt, beginnt ein Auftritt mit richtig vielen Facetten. Die Gang in Begleitung von Drummer, DJ und Bassist reißt ein Set ab, welches zwischen Rap, Punk und Blödelei wirklich alles zu bieten hat. Aber der Reihe nach!

Man muss Koljah, Panik und Danger Dan zugutehalten, dass sie sich mit der Stadt an der Lahn beschäftigt haben, vielleicht sogar in ihr unterwegs waren. Koljah schimpft auf "den Berg", welcher den Höhenunterschied zwischen Lahnufer und Oberstadt beziehungsweise Schlossberg symbolisiert. Danger Dan weist freundlich auf den Aufzug in eben diese Oberstadt hin, durch den man "im Jahr 1650 ankommt". Eine Empfehlung für alle, die diesen Teil von Marburg noch nicht gesehen haben. In der Ansage zu "Abwasser" dreht sich dann alles um die Lahn an sich, die von Panik Panzer als ekelhaft und verschmutzt dargestellt wird, um dem folgenden Titel gerecht zu werden. Was sich daraus ergibt, ist ein regelrechter Kampf zwischen Band und Publikum, welches natürlich seine eigene Meinung zum heimischen Fluss hat. Dann ist erst einmal Schluss mit Rap. Die Band um die Antilopen Gang steigt auf Gitarre und Bass um und haut mit "Stück Dreck" und "Atombombe" ("...auf Marburg", die Provokationen gehen weiter) die ersten beiden Nummern raus, auf die so manche Punkrockband vor allem was die Mitmachquote vor der Bühne angeht neidisch sein dürfte.

Genauso begeistert gefeiert werden die anschließenden Klavier-Auftritte von Danger Dan. Zuerst alleine mit seinem wohl bekanntesten Stück "Das ist alles von der Kunstfreiheit" gedeckt, anschließend in Begleitung für "Enkeltrick". Eine besondere Ehre wird auch heute der verstorbenen Antilope NMZS zuteil, dem die drei den Track "Nie mehr zurück" vom "Aschenbecher"-Album widmen. Es folgen mehr oder weniger Solonummern wie "Nazis rein" (Koljah) oder "DIY CEO" (Panik Panzer), bevor es noch einmal Zugaben im Punkrockstil in Form von "Anti Alles Aktion", "Fick die Uni" und "Der goldene Presslufthammer" hagelt. Dass heute Abend, an einem Dienstag, so viele Menschen ins KFZ nach Marburg kommen, um sich dieses Schauspiel reinzuziehen, ist vor allem nach dem letzten Ton der Antilopen Gang wahrlich kein Zufall mehr.