Kolumne

Joes VaporPlaza #15: W e s t e r n D i g i t a l - "W a s t e d D i g i t a l"

Willkommen bei Joes VaporPlaza. Hier präsentiere ich euch aktuelle oder ältere Alben aus dem Genre des Vaporwave. Die heutige Empfehlung ist eine melancholische und düstere postapokalyptische Atmosphäre als Album.
Western Digital VaporPlaza

Artist: W e s t e r n D i g i t a l
Album: „W a s t e d D i g i t a l“
Erscheinungsjahr: 2015
Anspieltipp: „I THOUGHT I WAS ALONE“
Stil: Signalwave (mit ein wenig Mall Soft und Weatherwave)
Link: https://dmtrec.bandcamp.com/album/-

Western Digital dürfte einigen Personen als Hersteller von Festplatten bekannt sein. Mit ein paar Leerzeichen dazwischen wird daraus aber ein Vaporwave-Artist und das Erstlingswerk „W a s t e d D i g i t a l“ verdient Gehör und einen Platz auf eurer Festplatte.

Düstere Gedanken sind seit jeher ein Antrieb für Künstler und Künstlerinnen gewesen. Depressionen, Liebeskummer, Einsamkeit und Angst sind Inspiration für viele Menschen und so war es vermutlich auch bei „W a s t e d D i g i t a l“. Das gesamte Album hat eine sanft-deprimierende Grundstimmung und scheint immer ein wenig sehnsüchtig. Es klingt so, als würde Mad Max ein altes Funkgerät finden und plötzlich etwas empfangen. Der Sender ist schon seit Jahren oder Jahrzehnten verlassen, aber die Musik läuft noch. Daher auch der Name des Genres Signalwave. Dieses hat eine eigene hörbare Ästhetik und bringt Entspannung. Das Gefühl der Einsamkeit mag etwas unbehaglich sein, aber gleichzeitig blendet es auch die Welt aus. Die Musik nimmt ein und hypnotisiert. Signalwave wird oft im selben Atemzug mit Broken Transmission genannt, verzichtet allerdings auf die plötzlichen Wechsel im Lied und klingt einfach weniger „broken“.

Musikalisch gibt es verzerrte Aufnahmen von instrumentalen Songs, meist mit Piano oder Saxophon, beladen mit Hall und Echo. Die Bearbeitung erzeugt einen Sound, der nach einer leeren Stadt oder den Mad Max Wastelands klingt. „W a s t e d D i g i t a l“ eignet sich perfekt für den Heimweg durch die Innenstadt nach einem Abend bei Freunden unter der Woche, wenn die Stadt leer und nicht gefüllt mit Betrunkenen ist. Zwischendurch gibt es kleine Ausflüge in den Bereich des Mall Soft und Weatherwave, wobei die Grundstimmung stetig gleich bleibt. Das Album braucht Ruhe, um zu wirken. Abends ein Glas Gin Tonic in der Hand, die Füße hochgelegt und die Kopfhörer auf den Ohren, lässt sich eine fremde Welt entdecken. Es ist die wohlig melancholische Stimmung, die wie bei einer guten Ballade auch etwas Schönes in sich trägt und dadurch Freude versprüht. Die sanften Loops wirken trotz der post-apokalyptischen Atmosphäre nie bedrohlich, sondern eher wie eine Oase in der Wüste oder ein Safe Room im Einkaufszentrum voller Zombies. Die Musik erinnert an die Zeit vor der Katastrophe und senkt den Puls, bevor man wieder in die grausame Welt hinaustreten muss. Ein wenig Wehmut schwingt stets mit, aber es ist dennoch schön.

Saxophon, Piano, Einsamkeit und eine ruhige Atmosphäre sind alles, was „W a s t e d D i g i t a l“ so wunderschön machen. Gute Laune oder Tanzbarkeit gibt es nicht, aber das Album deprimiert auch nicht. Es wirkt eher wie ein Zeitzeuge aus der Vergangenheit. Ein bisschen so wie die Zeitkapseln, die Schulklassen verbuddeln, um den Schülern in 100 Jahren zu zeigen, was es mal gab. In einer Zeit mit Trump als Präsidenten der größten Nuklearmacht ist Hoffnung eine schwierige Sache, aber vielleicht gibt es nach einem Twitter-Anfall mit Faustschlag auf den roten Knopf wenigstens ein paar Leute, die noch schnell Funksender starten, auf denen diese Musik läuft. Prinzipiell wäre mir eine Zukunft ohne Atomkrieg aber dann doch lieber und das Album existiert ja auch ohne Apokalypse.

„W a s t e d D i g i t a l“ war ein Zufallsfund und seit dem ersten Tag auf meinem MP3-Player. Das Album begeistert mich jedes Mal und zeigt für mich auch die künstlerische Tiefe des Genres.

I discovered „W a s t e d D i g i t a l“ by accident and kept it on my mp3 player since then. This album amazes me every time and shows the artistic depth of the genre.