Kolumne

Moritz' Jahresrückblick 2020

Das musikalische Jahr war wie das restliche Jahr: Das beste kam am Anfang, aber es wurde ja dann doch noch, zumindest musikalisch. Was mich in diesem Jahr bewegt hat? Überraschend viel Rap, aber sonst recht wenige Überraschungen.

Album des Jahres

"Schere Zange Glück" von Apaath war genau das überragende Album, welches ich von den Mannen erwartet hatte. Die textliche Tiefe, die progressive Ader der Musik. Einfach unglaublich! Zu oberst natürlich der kontroverse Track "31#B", der das Thema Suizid in brutalster Offenheit behandelt. Davon brauchen wir einfach mehr. Viel mehr!

Neuentdeckung des Jahres

Das Ding aus dem Sumpf, auch bekannt als Stefan Mühlbauer. Dass ich diesen unglaublich passionierten Musiker nicht schon früher entdeckt habe grenzt an Blasphemie. Vor Release seines Debütalbums "Kränk", habe ich die Single "WWNW (Nur weniger)" gefunden. Textlich genial, geile Technik und eine absolut überragende Stimmfarbe. Dann kam das Album und hat brutal eingeschlagen. Die Kombination aus Das Ding aus dem Sumpf und Conny ist zudem noch eine ganz besondere Offenbarung.

Überraschung des Jahres

"Alle sprechen Deutsch", sagten Adam Angst, jetzt aber auch Smile and Burn. Das neue Album "Morgen anders" ist nicht nur sprachlich anders, auch die selbstironische Art und Weise und die Aufarbeitung der eigenen Bandvergangenheit erfrischt. So entstand eines der humorvollsten und zugleich überraschendsten Alben des Jahres.

Enttäuschung des Jahres

WIE ZUR HÖLLE KÖNNEN WEEZER DEN RELEASE DER WICHTIGSTEN PLATTE DES NEUEN JAHRZEHNTS EINFACH UM EIN JAHR VERSCHIEBEN?! UND JA, ICH TIPPE DAS HIER GANZ NORMAL, ABER MEINE FESTSTELLTASTE KLEMMT UND ZUFÄLLIG KLEMMT DAS KOMMA DABEI NICHT. UND DER PUNKT AUCH NICHT.

Klingelton des Jahres

Heaven Shall Burn haben mit ihrem Albumintro "March of Retribution" meinem Mobiltelefon einen neuen Klingelton geschenkt. Kann man mal machen. Aber selbstverständlich auch ein unfassbar gutes Album veröffentlicht. Muss man auch mal sagen. 

Die beste 10-minütige EP des Jahres

10 Tracks in 10 Minuten, das ist lobenswerte Effizienz. KMPFSPRT haben mit ihrer s/t-EP ausnahmslos alles richtig gemacht. Sei es das 13-sekündige Anti-Nazi-Statement "Nazis raus aus Köln" oder der 8-Sekunden-Banger "Ohne Worte", der zu großen Teil aus so etwas wie Worten besteht. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieser Text ähnlich lang wie die EP. Nur bereitet die ganze Platte deutlich mehr Freude! Ganz nebenbei ist diese EP auch die wunderschönste Vinyl des Jahres.

Das heiß ersehnteste Album des Jahres

Weekend macht alles anders auf seinem neuen Album "Lightwolf". Und doch ist das wichtigste immer da: Herz, klare Kante und jede Menge Humor. Mit seinem eigenen Label macht er was er möchte und das ist ganz nebenbei eine der geilsten Rap-Platten des vergangenen Jahres. Und als alter Plattentellerfetischist freut mich ganz besonders die Veröffentlichung des Albums auf Vinyl.

Weekend Lightwolf Cover
Apaath

Apaath über „Schere Zange Glück“: Das Glück suchen

Es gibt definitiv dankbarere Zeiten als die Corona-Krise, um sein Debütalbum zu veröffentlichen. Dass Apaaths „Schere Zange Glück“ unter solchen Umständen erscheinen würde, konnte keiner ahnen – und doch spricht das Quartett auf der Platte Worte aus, die aktuell geradezu maßgeschneidert scheinen.
9.1

Das Ding ausm Sumpf und „kränk“: Ein Rapper mit Hirn, der die Mainstream-Deutschrap-Szene auf den Kopf stellen wird

Im Mainstream Deutschrap geht es vermehrt um Statussymbole wie teure Autos, viel Geld, Drogen und Frauen. Dass das dann eher weniger inhaltlich relevante Texte sind, ist klar. Das es aber auch vermehrt Gegenströme zu diesem Rap gibt, zeigen meist Künstler aus dem Berliner Untergrund. Diesmal ist es aber ein Münchner Rapper, der eine klare Message hat: Rap kann ernst sein und trotzdem Spaß machen.
Smile And Burn Morgen Anders Cover
9

Smile and Burn und "Morgen Anders": Deutsche Texte find' ich scheiße - aber auch nicht alle

„Morgen Anders“ – so heißt das nun vierte Studioalbum der Berliner Punkrockband Smile and Burn. Ein überraschender Titel, wo doch bisher nur auf Englisch getextet wurde. Die nun dreiköpfige Band hat ihre Fans mit diesem Schritt wohl überrascht, aber keineswegs enttäuscht.
8.4

Heaven Shall Burn und „Of Truth And Sacrifice“: Metalcore und abwechslungsreich?

Die Thüringer Metalcore-Band Heaven Shall Burn ist nach zwei Jahren Pause mit ihrem achten Studioalbum zurück – und mit was für einem. 97 Minuten lang balancieren die Jungs auf dem Doppelalbum „Of Truth And Sacrifice“ gekonnt zwischen Metalcore und Melodic Hardcore.
Weekend Lightwolf Cover
8.6

Weekend und "Lightwolf": Authentizität vor Geld

Authentizität sucht man bei den meisten deutschsprachigen Mainstream-Rappern vergeblich. Diese Maske will sich Weekend nicht aufsetzen und rappt auch in seinem neuen Album realistisch über aufflammende Diskussionen der Gegenwart.