Professionelle Fanboys: Im Gespräch mit einer Tribute-Band

Ein Tribute-Act verschreibt sich ganz und gar einer anderen Band. Was motiviert einen als Musiker:in dazu? Wir haben uns mit der Metallica-Tribute-Band My’tallica über Hochzeitsbands, Langhaar-Perücken und das Dasein zwischen Fan und Performer unterhalten.

„Ich habe keine Lust mit Leuten zu spielen, die ich nicht mag, und Musik, die mir nicht gefällt, auf Veranstaltungen, zu denen ich nicht hingehen würde. Und dann bleibt nicht mehr so viel übrig, aber das hier ist genau das Ding“, sagt Stephan Zender, der bei My’tallica am Schlagzeug sitzt. Dass sie wirklich Bock auf das haben, was sie machen, das unterscheide sie von einer Band, die auf Hochzeiten Schlager spielt, weil das die Miete bezahlt. Deshalb bezeichnen sich My’tallica auch nicht als Cover-Band, sondern als Metallica-Tribute. Bassist Martin Iordanidis erklärt: „Das Wort Tribut gab es im Mittelalter schon. Es bedeutet, dass man jemandem Ehre erweist. Einer größeren Sache, als man selbst.“

Und Metallica sind eindeutig eine große Sache: In den knapp 40 Jahren ihres Bestehens sind sie zu einer der erfolgreichsten Bands der Welt geworden. My’tallica hingegen gibt es erst seit 2005. Aber die Liebe zu den Vorbildern ist bei allen Bandmitgliedern deutlich älter: Metti Zimmer, der als einer von zwei „James Hetfields“ Gitarre spielt und singt, bezeichnet sein erstes Metallica-Konzert mit 12 als Schlüsselerlebnis, das ihn zum Musikmachen gebracht hat. Den anderen geht es ähnlich. Alle haben in Bands gespielt, die von Metallica beeinflusst waren und sich schließlich entschlossen, den Meistern ihren Tribut zu zollen.

Wichtig sei es dabei, eine glaubhafte Show zu liefern, ohne sich selbst zu wichtig zu nehmen. „Es ist ein Seiltanz, dass man das Ganze gut macht, aber halt auch nicht zu überheblich wird. Man muss schon noch als man selbst zu erkennen sein“, meint Andreas Adam, der sich mit Metti als Frontmann abwechselt. Auf Authentizität legen My‘tallica großen Wert: Die Instrumente sind dieselben, wie sie auch die Vorbilder verwenden. Custom-Gitarren werden detailverliebt in Handarbeit nachgebaut. Am Showkonzept und dem Bühnenbild wird laufend gearbeitet. Das hat auch mit dem eigenen Anspruch als Fan zu tun, findet Metti: „Du hast quasi dein Hobby zum Beruf gemacht. Du geilst dich ja selber dran auf, wenn du eine neue Metallica Show siehst und denkst: Was ist neu, woran haben sie gearbeitet? Und Teil von sowas zu werden und das dann selber umzusetzen ist natürlich doppelt geil.“

Doch zu viel Detailverliebtheit kann auch schnell nach hinten losgehen. Andreas erinnert sich an ein Metallica-Tribute, deren Bassist versuchte, mit einer Perücke die Haarpracht von Robert Trujillo zu imitieren: „Das war fast schon lächerlich.“ Letztlich ist für Lead-Gitarrist Tom Botschek gerade die individuelle Note der Musiker wichtig. Und das bedeutet vor allem eins: „Wenn wir auf die Bühne gehen, dass wir Bock haben. Und das ist das Entscheidende und das kommt auch beim Publikum an.“

Mit der Zeit haben sich My’tallica so einen guten Ruf in der Fan-Community erspielt. Tom stellt fest: „Wir spielen regelmäßig in den gleichen Clubs. Und das Publikum da wird nicht weniger, eher im Gegenteil.“  Und auch internationaler: Manchmal sind Menschen im Publikum, die Metallica um die Welt hinterherreisen und am liebsten jeden Tag eine Show sehen würden. Andere Zuschauer:innen sind keine solcher Hardcore-Fans und wollen für das Metallica-Live-Erlebnis keine 150 Euro ausgeben. Stattdessen kaufen sie sich für deutlich weniger Geld Karten für die Tribute-Show und haben dort einen schönen Abend.

Was hält das Original davon? Martin hat als Musikjournalist Metallicas Lars Ulrich und Robert Trujillo getroffen und mit ihnen auch über My’tallica gesprochen. Laut ihm fühlt sich die Band von Tribute-Acts geehrt und auch das Management hat kein Problem mit solchen Shows. Ob das so bleiben wird, weiß er jedoch nicht: „Durch die Professionalisierung der Tribute-Szene können möglicherweise in Zukunft auch Konkurrenz-Situationen erzeugt werden. Wir gehen gerade durch Zeiten, die dazu führen könnten, dass ganz große, sehr teure Tourneen ein sehr großes finanzielles Risiko darstellen und internationale Künstler sich dreimal überlegen, ob sie das stemmen. Wir sind da als Bands flexibler, die in den jeweiligen Ländern schon aktiv sind. Und möglicherweise könnte das auch zu Reibungen führen.“

Noch ist das Verhältnis zu Metallica aber ein gutes. Und natürlich auch vom eigenen Fantum geprägt: „Es ist eine Möglichkeit, sich als Fan bei den eigenen Idolen mal kurz ins Bewusstsein zu bringen. Das ist großartig. Wenn ich das dem 17-jährigen Martin in der Schule erzählt hätte, ich glaube, der hätte angefangen durchzudrehen.“ Doch bei aller Fanliebe: Es ist auch ein Job für die fünf Musiker. Das ist Tom bewusst: „Wir investieren viel Zeit, sind viel unterwegs und da kann man es sich nicht leisten zu sagen, wir machen das nur aus Spaß.“ Martin wendet ein: „Am Geld allein kann es nicht liegen, da hätte ich längst was anderes machen müssen. Aber dieses regelmäßige connecten zum Teenager-Ich, das empfinde ich als sehr gesund.“ Am Ende sind Tribute-Musiker wohl vor allem eins: Professionelle Fanboys.