John: Die Anfänge der Gruppe waren nicht ganz einfach. Zunächst wollte keiner auf die Möglichkeit zu lesen oder zu fernsehen verzichten, denn schließlich sind die Treffen abends in der freien Zeit. Und dann sitzt da natürlich auch immer ein Fremder mit drin, den viele dann halt nicht auf Anhieb sympathisch finden. Aber auch das war kein großes Problem, denn die Neugier hat bei vielen Musikbegeisterten gesiegt. Das andere Problem war am Anfang die Zeit. Als wir erstmals mehr als sechs Gäste waren, mussten wir schauen, dass wir den zeitlichen Rahmen nicht sprengen würden. Denn jeder hat einen Song dabei und darf ihn vorspielen. Wer aus der Runde was zu dem Song oder Text sagen möchte, darf das tun. Dann darf derjenige, der ihn mitgebracht hat erzählen, warum er ihn mitgebracht hat. Jeder darf auch einfach gehen wenn er nicht mehr möchte, das hat manch einer auch anfangs gemacht, nachdem er seinen Song vorgestellt hat, doch auch das ist jetzt absolute Seltenheit.
Der Therapeut: Was mich am meisten überrascht, ist die Toleranz, die die Kids mitbringen. Ich selbst bin da ein wenig festgefahren in meinen Lieblingsgenres. Aber die Offenheit, mit der jeder in der Gruppe behandelt wird, ist schwer beeindruckend. Ein großer Teil der Kids wurden selbst schon früh ausgegrenzt und landete nicht selten deshalb schon auf unserer Station. Sie wissen, wie es ist, wegen Kleinigkeiten ausgeschlossen zu werden. Das macht sie feinfühliger für die Belange und Interesse der Anderen, sofern die Anderen auch Interesse mitbringen. Es gibt natürlich immer wieder welche, die auf die anderen scheißen und sie wegen ihres Geschmacks angehen, aber dafür ist bei uns strikt kein Platz. Jeder hat seine Meinung und jeder darf seine Meinung sagen, es ist wie immer nur eine Frage des Wies. Es kommt oft genug vor, dass jemand Songs mitbringt, bei denen John oder ich mir auf die Zunge beißen müssen, da wir sie so schrecklich finden. Aber das ist ein Preis, den wir gerne zahlen.
John: Ich mache das jetzt schon über ein Jahr mit dem Therapeuten und ich liebe es sehr. Auch ist es relativ witzig, wenn Teilnehmer Songs mitbringen, mit denen sie offensichtlich mir oder dem Therapeuten imponieren wollen. Es ist ziemlich schwierig, die ein bisschen auflaufen zu lassen, da das einfach nicht der Sinn der Gruppe ist. Aber diese Arbeit tut meinem Horizont sehr gut. Denn ich kann die Bezugsperson sein, die ich selbst in dieser Situation dringend gebraucht hätte.
Der Therapeut: Tja, was soll ich sagen, mit jeder Sitzung wurde ich weniger Leiter und mehr Mitglied der Gruppe. Die Moderation, sofern sie überhaupt benötigt wird, obliegt mehr und mehr John, so können die Kids mich mehr und mehr als normales Mitglied akzeptieren, was der ungezwungenen Atmosphäre sehr gut tut. So erfahre ich von den Kids eine ganz andere Seite und lerne, sie noch besser zu verstehen. Den meisten kann ich so besser helfen und die verloren geglaubte Verbindung zur Welt wiederherstellen.