Interview

Heisskalts Mathias Bloech: "'Der Mond' kann ich gerade nicht mehr spielen!"

Sonne. Strandkorb. Sand an den Füßen. Und Mathias Bloech von Heisskalt neben mir. Vor dem Konzert im Chemnitzer Atomino durfte ich Matze einige Fragen zum neuen Live-Album und zur derzeitigen Tour stellen. Obacht! Nicht alle Fragen sind von mir. Zwei Schlitzohren wollten, beziehungsweise sollten, auch mal meine Arbeit übernehmen.

Album der Woche: Ihr seid ja gerade mittendrin in der Tour. Wie geht es euch bislang?

Matze: Gut. Sehr gut. Es hat sich auch viel getan in den letzten Jahren, gerade bei der Besetzung. Wir haben einen neuen Lichtmann und einen neuen Tourbassisten dabei, aber all diese Bewegung hat unserem Zusammensein sehr gut getan und es ist megaschön, wieder auf Tour zu sein. Alle sind irgendwie sehr comitted und wollen mit unseren sehr begrenzten Mitteln ein sehr eindrückliches Konzerterlebnis auf die Beine stellen, und das merkt man auch. Guter Flow. Gute Städte. Es ist ja so eine B-Städte-Tour und da sind natürlich erstmal nicht so megaviele Leute da und da hatten wir auch etwas Angst. Aber bislang gab es kein Konzert, welches mich nicht überzeugt hat.

AdW: Gab es bislang schon besonders positive oder negative Vorfälle?

Matze: Ja, es gab den negativen Vorfall, dass wir die erste Show absagen mussten, da ich lange Zeit eine Nasennebenhöhlenentzündung hatte und die hatte an dem Tag noch mal so einen Peak. Abgesehen von dieser negativen Überraschung, war das Kassablanca in Jena eine sehr schöne positive Erfahrung. Ich hab mich dort sofort willkommen gefühlt. Ich glaube, das lohnt sich, dort mal länger hinzufahren und das Wochenende da zu verbringen. Kann man bestimmt geil feiern.

AdW: Ihr seid ja praktisch seit Anfang 2016 unterwegs. Seitdem ist Vieles in der Welt und bei euch als Band passiert. Unter anderem die Politik in den USA und in Deutschland, aber auch der Abschied von Lucas. Wie sehr beeinflusst das eure Art zu spielen und eure Musik?

Matze: Das beeinflusst uns glaube ich in unserem Sein, und damit in unserer Performance und in der Art und Weise, wie wir über Musik denken. Ich würde auch sagen, dass unsere Musik immer politischer wird. Ich kann ja auch nur für mich und mein Denken über die Musik reden, aber für mich wird das immer wichtiger, politisch zu sein und wegzukommen von der Vereinzelung, dass das eigene Selbst halt nicht immer an erster Stelle stehen kann. Es ist wichtig, dass man sein Handeln und Denken politisiert. Und Lucas. Klar. Wie das immer so ist: Bei langen und engen Beziehungen, die ein Ende finden, verändert sich halt viel.

AdW: Welcher Song ist für dich der politischste Song von Heisskalt?

Matze: Ich tue mich immer schwer damit, das alles einzuordnen, aber ich würde fast sagen, dass „Angst hab“ der Aktuellste ist.

AdW: Am 31.März erschien ja das Live-Album. Wie habt ihr euch für genau diese 20 Aufnahmen entschieden?

Matze: Hehe - in einem sehr langwierigen, kräfteraubenden Prozess. Wir wollten jedem Song die Chance geben, bei jedem Konzert genau der Song zu sein, der am Ende drauf soll. Also haben wir uns jedes Konzert beziehungsweise jeden Song von allen 17 Shows nach und nach angehört und denjenigen genommen, der für uns am Besten klang. Wir haben dabei viel gelernt. Es ist sehr schwer, das objektiv zu beurteilen. Deswegen sind jetzt auch so viele Fehler auf der Live-Platte. In „So Leicht“ sind auch ein paar übelste Verzocker drin, aber irgendwie hab ich einfach bei diesem Take im Beatpol gefeiert. Er hatte irgendwie den besten Vibe. Es ist von uns drei sozusagen das Best-Of der letzten Tour.

AdW: Gibt es mittlerweile eigentlich Songs, die ihr nicht mehr spielen wollt oder könnt ?

Matze: Naja, es hängt ja immer damit zusammen, wie man mit dem noch einig ist, was man mal geschrieben hat. Dann gibt’s irgendwann so den Punkt, an dem das halt nicht mehr ist. Und dann kommt man wieder da hin, dass man Songs selbstbewusst selbstironisch spielen kann. „Hallo“ macht halt für mich irgendwie Bock, den spiele ich auch gerne, auch wenn ich den so nicht mehr schreiben würde. Ich glaube, „Der Mond“ kann ich gerade nicht mehr spielen. Die Verse finde ich sowas von Panne. Wir können ja zum Glück selber entscheiden, welche Songs wir spielen können.

AdW: Hattet ihr für die jetzige Tour irgendwelche Ziele, die vielleicht schon umgesetzt werden konnten?

Matze: Es gab jetzt keine konkreten Meilenstein-Ziele. Wir sind mittlerweile sehr kleinteilig auf Konzerten unterwegs. Die Verbesserungen sind halt ganz minimale, so Schritt für Schritt. In der Kommunikation untereinander, auf der Bühne oder mit dem Techniker. Es sind immer so kleine Schichten an Margarine, die wir dann auf unser Konzertbrot schmieren. So kleine Ziele waren glaube ich, auf Null rauszukommen. Das haben wir glaube ich schon erreicht. Uns nicht so viel streiten. Und nicht so viel zu diskutieren. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das erreichen werden. Es geht bei den Diskussionen viel mehr um’s Vertreten der Meinung. Achja, und ich wollte jeden Tag Sport machen, nur an dem Off-Day hat das nicht geklappt, da war ich faul.

AdW: Was war eigentlich das Highlight seit der Veröffentlichung von „Vom Wissen und Wollen“?

Matze: Der Release ist für mich etwas untergegangen. Ich bin nicht zufrieden, wie viel mit dem Album passiert ist. Ich finde, dass es mehr Aufruhr hätte sein können. Rock im Park war krass. Dass wir in die Charts eingestiegen sind, müsste man jetzt so pro forma sagen, aber das ist mir eigentlich völlig egal. Das „Euphoria“ und „Absorber“ Video waren auf jeden Fall die zwei Videos, wo ich sagen kann 'Geil. So muss es sein. Da wollen wir hingehen. Das ist was wir meinen.' Leute von außerhalb denken ja immer, dass alles so gemeint ist, wie es am Ende veröffentlicht wird, doch es ist ja vielmehr nur so, dass man versucht, seine Idee und seine Gedanken so gut wie möglich umzusetzen. Und am Ende entspricht es halt nicht ganz der Vorstellung. Das muss man halt erstmal lernen, wie man da hinkommt. Das haben wir mit “Vom Wissen und Wollen” glaube ich geschafft. Ich bin zufrieden mit dem Album und das ist mein Highlight.

AdW: Wenn du ein Festival mit 5 Bands organisieren dürftest, wie sähe das aus und wer würde spielen?

Matze: Ist jetzt natürlich die Frage, was man von einem Festival will. Ich glaube, ich würde eine Mischung wollen aus geilem Abhängen am Tag, geilen Konzerten am Abend und übelst krassen Partys in der Nacht. Deswegen würde ich tagsüber vielleicht Norbert Niemann aus seinem neuen Buch vorlesen lassen oder einen Film zeigen. Abends spielen geile Bands. Fjørt fände ich geil, weil ich immer Bock auf Fjørt hab. Brand New würde ich versuchen zu buchen. Radiohead. Younger Us, weil ich glaube, dass die neue Platte von denen auch richtig geil ist. Für Nachts dann Fjaak. Mit Heisskalt würden wir glaube ich auch spielen. Und nachts würde ich eventuell mit meiner Techno-Crew „My Trip Is My Trip“ spielen, aber vor Fjaak, weil ich glaube, sonst kacken wir ab.

AdW: Was waren bislang eigentlich eure besten Erfahrungen als Support-Band?

Matze: Wir hatten nur schlechte Erfahrungen. Ne, Spaß. Bei der Jennifer Rostock Tour hat uns der Mischer während der gesamten Tour mitgemischt. Wir haben zum ersten Mal gecheckt, wie das ist, jeden Abend den gleichen Mischer zu haben.

Heisskalt Konzert

Die folgenden fünf Fragen stammen aus den Hirnzellen zweier Genies. Vielleicht könnt ihr ja bis zum Ende erraten, von welchen.

AdW: Was ist an euch die klischeehafteste, schwäbische Eigenschaft?

Matze: Also wir sind nicht so gut im Sparen. Wir trinken nicht mehr so viel. Essen nicht so viel Fleisch. Wir mögen alle Brezeln. Und wir sind alle so ein bisschen Lebensgenießer. Das Beste draus machen.

AdW: Warum werdet ihr im Volksmund die schwäbischen Immobilienhaie der Musikszene genannt?

Matze: Niemand von uns hat Immobilien. Keiner hat Geld von uns. Wir verdienen mit dem Shit, den wir hier machen, nicht genug Geld, um davon leben zu können. Das zu denken ist auf alle Fälle hochgradig bescheuert und ich würde sagen, fast gehässig. Die Person, die das von uns behauptet, sollte ich im Sommer mal einen Tag nackt in die pralle Sonne legen und sich danach immer wieder selber mit der Hand hauen.

AdW: Wenn jeder der Band ein schwäbisches Gericht wäre, welches wäre das?

Matze: Marius wäre Käsespätzle. Ich wäre der Apfelkuchen von meiner Mama und Phil wäre Schnitzel.

AdW: Mit welchem Musical würdest du das Leben von Heisskalt beschreiben?

Matze: Ich finde Musicals zum Kotzen. Ich hab irgendwann mal „Tanz der Vampire“ gesehen und das hat mir gefallen. Das ist die einzige Verbindung zu Heisskalt, weil mir beides gefällt.

AdW: Wenn der Sänger der Boygroup Smile and Burn dich als Tier malen würde, welches wäre das?

Matze: Bei Philip weiß ich es nicht. Bei Sören.. die haben bestimmt zusammen überlegt. Keine Ahnung. Vielleicht eine Giraffe?

Heisskalt-Matze als Lama

Matze: Geil. Ein Lama mit Glatze. Sogar mit Spucke. Ja, da ist was dran.

AdW: Die Fragen haben sich Philip und Sören von Smile and Burn überlegt.

Matze: Ja, das ist jetzt natürlich lustig. Vielleicht sind die halt auch einfach nur neidisch, dass unsere Platten mehr verkauft wurden als deren, aber ich denke, das pendelt sich bald ein, gerade weil das neue Album erschienen und supergeil ist.

AdW: Möchtest du zum Abschluss noch was von deiner Seite aus sagen?

Matze: Chemnitz ist schick. Mehr Konzerte in Chemnitz. Und Leute sollen mal auf unserer Facebook Seite coole, junge Bands posten, die wir uns dann anhören können. Das wäre geil.