Im Kreuzverhör

Im Kreuzverhör #52: Liquid & Maniac - "The Gaudi is 2 Real"

Einmal monatlich stellt sich die Redaktion gemeinsam Platten außerhalb ihrer Komfortzone. Dieses Mal wirft Moritt Mundart-Rap von Liquid & Maniac rein, genauer gesagt das Album "The Gaudi Is 2 Real".

Ich weiß doch, wie sehr die Redaktion Mundart in der Musik liebt. Allerdings finde ich diesmal tatsächlich wenig, was man an diesem Album nicht geil finden könnte. Ja, manchmal ist Bairisch wirklich schwer zu verstehen, aber nichtsdestotrotz sind Flow, Texte und Beats einfach geil. Featuregäste wie Dexter oder Roger Rekless runden diese Party eines Albums ab und das geilste Sample, seit Fatoni den Film-Hitler aus Inglourious Basterds für "Nein Nein Nein Nein Nein Nein". Nämlich hat das Duo den Kabarettisten Gerhard Polt gesampled. Das Ergebnis ist "Supergau Di", ein absolutes Meisterwerk von Liquid & Maniac gemeinsam mit Dicht & Ergreifend. Ist das der Weg von Gerhard Polt in den deutschen Rap? Mit 80 Jahren nochmal eine zweite Karriere? Dazu eventuell an anderer Stelle mehr. Sehr eventuell.
Ziemlich witzig an dieser Stelle, im Jahr 2009 wurde die bairische Sprache von der UNESCO als gefährdet eingestuft. Dass ausgerechnet zwei Oberpfälzer nun gekommen sind, um diesen Dialekt zu stärken und musikalisch zu vertreten, das ist schon ziemlich witzig. Also, wenn man aus Bayern kommt und die Unterschiede zwischen Bairisch und Oberpfälzisch und den anderen regionalen Idiomen dieses Bundeslandes kennt. Dann ist es ein Brüller. Versprochen. Für alle anderen nicht mehr als ein Schulterzucken.

Ich mag Mundartmusik. So, jetzt ist es raus. Ich finde es grundsätzlich sympathisch, wenn Musiker*innen den Zungenschlag ihrer Herkunftsregion nicht überspielen, sondern stolz präsentieren. Ich liebe den Schmäh von Der Nino aus Wien, BAPs „Verdamp lang her“ sorgt bei mir für Gänsehaut, auch wenn ich nur den Refrain verstehe und ich finde, „Mei Vadda“ von Hans Söllner gehört in jede Kiffer*innen-Playlist. Deswegen kann ich auch nichts Schlechtes über „The Gaudi Is 2 Real“ sagen.
Musikalisch ist das Album absolut solider, moderner Hip Hop, der alle Register zwischen hartem Trap und smoothem R’n’B bedient. Hoch anzurechnen ist Liquid & Maniac, dass sie auf volkstümelnde Brass-Einsätze verzichten, wie sie z.B. bei den bayerischen Rap-Kollegen (und Feature-Gästen) Dicht & Ergreifend soundprägend ist. (Ist diese zweiteilige Benennung von Mundartrapgruppen eigentlich irgendwo in der Bayerischen Verfassung festgeschrieben oder woher kommt das?) so wirkt der Dialekt-Slang nicht wie ein Gimmick, sondern ganz natürlich als die Sprache der (oberpfälzer) Straße.

Mittagspause. Kreuzverhör. Ein Gefühl, wie nach Hause zu kommen. Aprospos und um mich der Mundart-oder-nicht-Diskussion der Mitstreiter anzuschließen: Ich bin Team Mundart! Ich bin in einer Gegend groß geworden, in der mein Heimatdorf in jedem anderen Ort drumherum anders heißt. Mundart ist allgegenwärtig und von der eigenen Großmutter für den kläglichen Versuch, mit „dos muss m’r ob un zu du kinn“ ein Kaltgetränk am Mittag zu rechtfertigen ausgelacht zu werden gehört hier einfach dazu. Jetzt sitze ich hier, mit den in den Rezensionen als "zu basslastig" beschriebenen Kopfhörern auf dem Kopf und merke nach wenigen Klängen, dass das Modell für dieses Album erfunden worden sein muss. "The Gaudi is 2 Real" zielt glücklicherweise nicht auf die schlimmstmögliche Qual der Teilnehmenden ab, sondern beschert mir eine kurzweilige und wummernde Mittagspause. Verstehe ich alles, was Liquid & Maniac da brabbeln? Sicher nicht. Brauch es das unbedingt? Noch sicherer nicht. Mag ich die Platte trotzdem? Total! Dieses Format bleibt einfach der goldene Mittelweg zwischen Neuentdeckungen fürs Leben und langfristigen Traumata. Liebe ich.

Fazit