Die besten Emo-Alben aller Zeiten

Emotional Hardcore, Midwest Emo, Mall Emo, Emo-Revival - immer wieder hat sich Emo verändert und neu erfunden. In jeder Inkarnation gab es jedoch herausstechende Künstler:innen und Alben. Ihre Favoriten stellt unsere Redaktion hier vor.

„Dear You“ besiegelte das Ende von Jawbreaker – und ihren Kultstatus. Nach dem Erfolg von Green Days „Dookie“ stürzten sich die Major Labels auf alle, die irgendwann mal in der 924 Gilman Street, dem legendären DIY-Club in Berkeley, Kalifornien, auf der Bühne gestanden hatten. Der Versuch von DGC, aus Jawbreaker das nächste große Ding zu machen, scheiterte allerdings krachend. Schon eine Support-Tour für Nirvana 1993 wurde von der Szene kritisch gesehen und verstärkte auch die Spannungen innerhalb der Band. Die Produktion von „Dear You“ 1995 war deshalb eher ein Solo-Projekt des Sängers und Gitarristen Blake Schwarzenbach. Bassist Chris Brauermeister und Schlagzeuger Adam Pfahler kamen nur ins Studio, um ihre Tracks einzuspielen und schnell wieder zu gehen. Die Produktion von Rob Cavallo, der schon den Sound von „Dookie“ aufpolierte, lies das Album sehr viel massentauglicher werden als die Vorgänger. Trotzdem blieb der erhoffte Erfolg aus und die alten Fans wandten sich ab – im wörtlichen Sinne: das Publikum setzte sich bei Konzerten mit dem Rücken zur Band auf den Boden, wenn Songs von „Dear You“ gespielt wurden. An den Songs selbst wird es kaum gelegen haben: „Save Your Generation“, „Accident Prone“ oder „Jet Black“ sind die perfekte Symbiose aus Punk, Emo und Texten von literarischer Qualität, die den Sound von Jawbreaker immer ausmachte. Nach ihrer Auflösung 1996 erkannte man das auch: Sie wurden unter anderem von Fall Out Boy und Julien Baker gecovert. Und bei den Reunion-Shows, die Jawbreaker seit 2017 spielen, pogt das Publikum endlich auch zu den Songs von „Dear You“.

Es ist wirklich außerordentlich schwer, mich hier auf genau ein Emo Album zu beschränken, daher nehme ich eines, welches ich erst in 2021 so richtig schätzen gelernt habe. Letztes Jahr habe ich durch die Obsession eines guten Freundes zu Emo und ähnlicher Musik die Band Tigers Jaw entdeckt und seitdem höre ich ihre Diskografie rauf und runter. Ich möchte daher ihr selbstbetiteltes Album aus dem Jahre 2008 auf diese Liste setzen (Auch, weil La Dispute nicht als Emo Band zählen und ich damit „Wildlife“ nicht für diesen Text lobpreisen kann). „Tigers Jaw“ bringt eine Symbiose aus tiefer Trauer in den Lyrics und melancholischen Instrumentals hervor, welche bis heute tiefe Stiche in Richtung der Tränendrüsen schießt und diese damit jedes Mal erbarmungslos strapaziert. Allein im ersten Song „The Sun“ wirft es den Hörer*innen die Zeile „And what about your friends / Do they make you happy?“ entgegen, welche mit einer so simplen Frage ganze Welten der Depression auftun kann. Dass danach „Plane vs. Tank vs. Submarine“ folgt, welches ein dermaßen bedrückendes Intro hat und von Selbstzweifeln und falschem Vertrauen handelt, macht den Einstieg in dieses Album nicht sehr viel leichter.

Doch auch musikalisch muss sich dieses Album weder von seiner damaligen, noch vor der heutigen Konkurrenz verstecken. Vor allem Songs wie „I Saw Water“ oder „Meals on Wheels“ könnten heute ohne Probleme veröffentlicht werden und Leute würden sie ohne zu zögern für ihre pseudo-deepen Tumblr-Seiten missbrauchen, ohne den Song auch nur ansatzweise verstanden zu haben. Nun habe ich dieses Album im Zuge des Textes nach ein paar Monaten mal wieder am Stück gehört und es fühlte sich so an, als würde ich die Platte bereits seit 2008 kennen und regelmäßig hören. Es stellte sich eine gewisse Melancholie ein, welche neben My Chemical Romance und Teenie Depressionen auch viel überzuckerten Eistee und Halo auf der Xbox beinhaltete. Kurz: Hört Tigers Jaw, sie machen stark betroffen!

Vielleicht ist „Pinkerton“ nicht die erste Wahl, wenn es um Emo-Alben geht, sollte es aber sein. Das Album an sich, die Geschichte darum, Rivers Fucking Cuomo, einfach alles an diesem Album ist Emo. Ganz nebenbei ist es wohl auch eines der ersten Emo-Alben überhaupt. Sei es die emotionale und sexuelle Frustration in „Tired of Sex“, „Getchoo“ oder „Why Bother“, tiefe Gefühle in „Butterfly“ und „Across The Sea“ oder aber auch die Selbstzweifel eines Teenagers in „El Scorcho“ oder „Falling For You“. Nicht zu vergessen die B-Seiten „I Just Threw Out The Love My Dreams” und “Waiting On You”, die all die Themen in sich haben. Hervorragend auch, dass die Inspiration für „Pinkerton“ eine Tragödie von Puccini ist. Fast die Hälfte des Albums war für eine Rockoper gedacht, die den Namen „Songs From The Black Hole“ tragen sollte. Diese existiert übrigens bis heute nicht. An dieser Stelle, WIR WARTEN RIVERS! WIR WARTEN!