Kolumne

Punk Meets Japan - Leiwand!

Punk ist wahrscheinlich nicht die erste Assoziation, wenn es um Japan geht. Und doch zog es in jüngerer Vergangenheit gleich zwei deutschsprachige Bands nach Fernost: KMPFSPRT und Turbobier. Wir haben mit Marco Pogo von Turbobier und David von KMPFSPRT geredet und einen neuen Blick auf Japan gewonnen. (Wir haben uns erlaubt, den Wiener Schmäh von Marco Pogo in Hochdeutsch zu übersetzen.)

Zu Beginn einer solchen Reise steht immer die Idee. Und da gehen die Geschichten von KMPFSPRT und Turbobier schon auseinander. Auch wenn man es angesichts seiner Historie glauben könnte, so kam die Idee Konzerte in Japan zu spielen bei ersteren nicht von David, sondern von Dennis. Beide teilen die Leidenschaft für Japan, David hat sogar vier Jahre in Japan gewohnt, Menschen, Sprache und Kultur lieben gelernt. Früh übt sich. „Es gab bei uns im Viertel einen Asia-Laden mit asiatischen Lebensmitteln, Bruce-Lee-Filmplakaten im Fenster und so weiter. Und da war ich vier, aber dieser Laden hat mich schon damals fasziniert und das hat sich bewahrt.“ Marco Pogo wiederum ist ja nicht nur Frontmann von Turbobier, sondern auch Kopf des Labels Pogos Empire, sowie dem Vertrieb des Band-eigenen TurboBieres, erhältlich in Dose, Flasche und Fassl: „Die Sprache des Bieres ist international, und so war klar, dass eine deutschsprachige Band auch auf jeden Fall durch Asien touren muss. Außerdem mag ich das Essen.“ Manchmal kann es auch ganz einfach sein.

Durch die schon bestehenden Kontakte vor Ort hatten KMPFSPRT einen gewissen Vorteil. „Freunde von mir konnten uns schon etwas helfen, denn wenn sie es selbst nicht konnten, dann kannten sie irgendjemanden, der uns helfen konnte. Oder jemanden, der jemanden kannte, der uns helfen konnte.“ Diese Möglichkeit hatten Turbobier nicht, zudem kam auch noch, dass sich die Tour nicht nur auf Japan beziehen, sondern auch nach China führen sollte. So erzählt Marco: „Auch wenn ich nicht dran glaub, dass sich der Scheiß durchsetzt, die Superpower des Internets macht so einiges möglich. Telefonisch war es schwer, weil mein Japanisch doch eher schlecht ist und mein Chinesisch auch nur unzureichend ausgeprägt. Ohne Agentur vor Ort ging nix.“

Der erste Schritt war also gemacht, doch wie geht es weiter? Geht es überhaupt groß weiter? Was hat deutsche Musik für einen Stellenwert in Japan? Turbobier machten einen großen Schritt, als sie zu ihrem Song „Verliebt in einen Kiwara“ die japanische Version „Keikan Ni Zokkon“ aufnahmen. „Also das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist riesig in Japan. Rockmusik aus dem deutschsprachigen Raum ist da noch ausbaufähig. Ich versuche, da auch echt etwas Pionierarbeit zu betreiben.“ Diesen Anspruch haben KMPFSPRT nicht. „Wir haben den Song 'Linda, Linda' von den Blue Hearts gespielt", erinnert sich David. "Das ist eine japanische Punkband, vielleicht so alt wie die Ramones. Aber das war auch schon alles. Und das konnten wir auch machen, das Einstudieren hat nicht lange gedauert. Aber wir wollten uns da auch nicht profilieren, sondern unseren Spaß haben.“

Dass diese Tour nicht immer Spaß macht, haben alle beim Reisen gemerkt. Musste sich Marco oft an Sicherheitsschleusen wegen seines Patronennietengürtels schief anschauen lassen, ging das Gepäck von KMPFSPRT gleich komplett verloren. Es tauchte zwei Tage später auf, jedoch war das nicht das Ende des Ärgers, denn Davids Gitarre kam Beschädigt an und so musste erstmal eine Reparatur aufgetrieben werden und dann ging es auch schon Richtung Bühne. Klassischer Fall von Glück im Unglück.

Im Vorhinein hatten Turbobier schon einiges an TurboBier nach Asien verschiffen lassen und auch vor Ort wurde fleißig eingekauft, ebenso bei KMPFSPRT. „Wir haben unsere CDs und Shirts in unserem eigenen Gepäck nach Japan mehr oder weniger geschmuggelt, aber das wurde alles auf den Shows verkauft, mitnehmen mussten wir nichts davon“, weiß David sich zu erinnern.

Die Clubs selbst unterschieden sich ebenfalls. „Die Hilfsbereitschaft war sensationell. Die ist in Deutschlang schon super, da musst du nur kurz sagen was das Problem ist, dann wird sich sofort gekümmert. In Japan war nicht mal das nötig. Wenn beim Verkabeln und Anschließen irgendwie zu wenig Licht war, kam sofort jemand mit Taschenlampe.“ Eine Beobachtung haben beide gemacht, so erzählt Marco: „Das Lustigste ist aber, dass zwischen den Nummern immer echt ruhig ist. Eigentlich ganz still. Die Leute stehen und lauschen und schauen, dann geht’s weiter und sie rasten wieder aus. Sehr respektvoll.“ Durch sein Studium weiß David sogar, warum das Publikum in den kurzen Pausen immer so still ist. „Die Pausen gehören in Japan der Band oder dem Künstler. Dass sie was sagen oder erzählen können, oder einfach verschnaufen. Das ist ganz üblich und eine Respektsbekundung.“

Die große Parallele zwischen deutschem beziehungsweise österreichischem Punk und japanischem Punk ist die Vernetzung innerhalb der Szene und Subkultur. So ist die Aufgeschlossenheit für Neues innerhalb der Szene sehr groß, ebenso wie die interne Vernetzung. Allerdings blieb der ganz große Zuschauerandrang aus. Für ein Debüt in Asien ist die durchschnittliche Zuschauerzahl um die 100 Personen absolut respektabel, schließlich konnten Turbobier nicht immer am Wochenende spielen. Bei KMPFSPRT waren es zwischen 25 und 50 und auch die wussten zu feiern.

Wie es auf diesem Parkett weitergeht, ist KMPFSPRT nicht übermäßig wichtig. „Es war uns wichtig, auch mal was anderes zu spielen, um da nicht in einen Trott zu geraten, so wie es NOFX damals auch gemacht haben.“

Für Turbobier wird es möglicherweise sogar nochmal zurückgehen. Schließlich steht die erste Single auf Chinesisch auch noch aus. Und auch wenn die Aufnahmen zur chinesischen Version von „King Of Simmering“ nicht einfach waren, so lohnt sich der Aufwand, alleine wegen der Gastfreundschaft und Wertschätzung. „Die Japaner sind sehr interessierte, sehr aufgeschlossene, unfassbar freundliche Menschen. Chinesen ebenso. Turbobier wurden mit offenen Armen empfangen. Vor allem in China ist es überhaupt nicht üblich, dass Bands von weit entfernt auf Tour kommen. Oder generell, dass Bands auf Tour durch China fahren. Umso größer ist dann die Freude, wenn mal eine Band da ist.“

Zwei so unterschiedliche Bands, die aber trotzdem im selben Bereich zu Hause sind, haben den asiatischen Kulturkreis nicht nur schätzen, sondern lieben gelernt. Und wer weiß, vielleicht zieht es die eine oder andere Band auch nochmal in die Fremde.